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2. Die Kunst der schwedischen Großmachtszeit

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palast für Axel Oxenstierna (jetzt Statistisches Zentralbureau) und
in seiner späteren Zeit die Reichsbank, die weit strenger im Sinne
der großen Barockform behandelt ist — vielleicht bereits unter der
Einwirkung der römischen Erfahrungen seines Sohnes. Für den
Dom zu Kalmar entwarf er eine Zentralanlage über einem Kreuz
mit verlängerten Seitenarmen; die von der Anlage geforderte Kuppel
kam nicht zur Ausführung. Im Innern ist die Raumwirkung klar
und groß herausgearbeitet; die Schauseite knüpft an den Giesü-
typus an, doch ist die Akzentverteilung dezentralisiert, indem Gia-
como della Portas wuchtiger Mittelaufbau weggeschliffen und ein
Turmpaar in die Fassade eingestellt ist. Hier wie auch sonst öfters
hält sich Tessins Formauffassung der Hochrenaissance näher als
dem Barock. Der Schwerpunkt seiner Wirksamkeit liegt in seinen
Landschlössern, in denen Tessin den klassischen Typus des schwe-
dischen Herrensitzes geschaffen hat. Nach und nach hatte sich der
Herrenhof frei gegen die Landschaft aufgeschlossen, indem sich die
Ecktürme der alten Burganlage zu losen Pavillons auswuchsen.
Tessin hat bereits in seinem Frühwerke Tidö und mit voller Freiheit
in seinen späteren reifen Schloßanlagen, wie Mälsäker und Eriks-
berg, dem Baukörper diese Pavillons als feste Flügelbauten an-
gegliedert, denen er jedoch gern besonders in der Ausbildung der
Dächer eine gewisse Selbständigkeit wahrt. So entsteht ein Ehren-
hof, der sich von der gewöhnlich reich entwickelten, durch vorgelegte
Freitreppe betonten Mittelachse aus entfaltet, während die Mauer-
flächen sonst in Gliederung und Schmuckformen sehr zurückhaltend
bleiben. Durch Schlüssigkeit und Schlichtheit der Anlage und
Formen erreicht Tessin eine vornehme und gemessene Heiterkeit der
Gesamtwirkung, die, wo die Mittel es erlaubten, durch Terrassen-
und Gartenanlagen gehoben wurde. In dieser Entwicklung des
Herrenhausbaues, an der auch Jean de la Vallee durch das auf der
Gartenseite originell ausgebildete Schloß Karlsberg seinen Anteil
hat, nimmt das Schloß Skokloster eine eigentümlich isolierte Stel-
lung ein, indem hier noch einmal auf die geschlossene Anlage um
einen Binnenhof zurückgegriffen ist. Tessin hat auch für diesen
Bau Pläne geliefert, aber im wesentlichen verdankt er seine Gestalt
wohl dem persönlichen Geschmacke des Bauherrn Karl Gustav
Dresdner, Schwedische und norwegische Kunst. 2
 
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