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6. Norwegische Kunst vom 16. bis zum 18. Jahrhundert

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holländischen Einschlag bei. Holländischer Geschmack wirkte an
der rechtwinklig-geradlinigen Anlage von Christiania mit, das
Christian IV. nach dem Brande von Oslo, der Königsstadt des
späteren Mittelalters, im Jahre 1624 gründete; die alte Stadtburg
Akershus gestaltete er, hauptsächlich in der Zeit von 1629—42, zu
einem massiven Residenzschlosse im Stile der dänisch-holländischen
Renaissance um. Übrigens aber wurden der Architektur kaum
Aufgaben gestellt. Der nationale Baustoff war und blieb das Holz;
noch bis tief ins 19. Jahrhundert hinein sind selbst die größten
Städte des Landes vorwiegend Holzstädte geblieben. Wenn sich
der mächtige Kanzler Ove Bjelke 1655—56 auf dem altberühmten
Herrensitze Östraat unweit Drontheim ein neues Schloß im Ge-
schmacke der Renaissance errichtete — es ist 1916 durch eine
Feuersbrunst größtenteils zerstört worden —, so bildete eine solche
Bauunternehmung eine seltene Ausnahme. Seinen eigentlichen
Spielraum fand der neue Stil in der Innenausstattung, vor allem an
den Kanzeln, Altären, Emporen und Gestühlen der Kirchen, und
hier hielt mit den Formen der Renaissance zugleich eine neue Ar-
beitsweise ihren Einzug, indem neben die von Urzeiten her über-
lieferte und geübte Zimmermannsarbeit die Schreinerkunst des
Rahmen- und Füllungswerkes trat. So bildet der Kunstschreiner
die repräsentative Gestalt der norwegischen Renaissance, und mit
ihm verband sich, wo die Füllungen mit Malereien auszuzieren
waren, vor allem aber natürlich bei den Altarwerken, der Maler.
Ihre Blüte erreichte die kirchliche Renaissance Norwegens in der
ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu Stavanger, hauptsächlich in
dem Schaffen zweier deutscher Meister, deren Altäre viel gesucht
waren: es waren dies Peter Reimers aus Neustadt, der zwischen
1606 und 1626 nachweisbar ist, und Gotfred Hentschel aus Breslau,
dessen Wirksamkeit zwischen 1625 und 1648 liegt. Beide haben sich
auch als Bildnismaler bewährt.
Etwa seit 1650 dringt der Barock ein. Die Haupteinfallspforte
der deutsch-holländischen Barockformen scheint Bergen gewesen zu
sein, doch ist späterhin, wohl auf dem Wege über Christiania, auch
französischer Einfluß eingedrungen. Alsbald aber wird die Barock-
ornamentik mit einem Eifer und einer Freudigkeit aufgenommen,
Dresdner, Schwedische und norwegische Kunst. 3
 
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