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7. Dahl

bilden und einen entscheidenden Einfluß auf die fernere Entwick-
lung der norwegischen Kunst nicht hat gewinnen können.
Wohl hat eine Anzahl norwegischer Maler Dahls Lehre in Dresden
aufgesucht; aber bedeutend war unter ihnen nur einer: Thomas
Fearnley (1802—42). Fearnley war bereits 24 Jahre alt und hatte
in Kopenhagen und bei dem Schweden Fahlcrantz studiert, als er
1826 Dahl auf dessen erstem Besuche in Norwegen begegnete und
durch dessen unmittelbares und inniges Verhältnis zur Natur auf
einen neuen Weg gewiesen wurde. Von 1829—1830 war er in Dres-
den Dahls Schüler. Fearnleys Talent war reich, allein es ruhte weit
weniger sicher in sich selbst als das seines Meisters. Er war weicher,
schwankender, fremden Einwirkungen zugänglicher. Sein Mün-
chener Aufenthalt, seine Berührungen mit Turners und mit Con-
stables Kunst haben Niederschläge in seinem Schaffen abgesetzt,
und auch gegen südliche Einflüsse hat er sich nicht ganz abweisend
verhalten. Bereits wenige Jahre, nachdem er nach einem bewegten
Wanderjahrzehnte (1838) endlich die Fühlung mit der Heimat ge-
sucht und gefunden hatte, raffte ihn ein vorzeitiger Tod hinweg.
Am frischesten quillt seine Begabung in seinen Studien und Skizzen,
deren kecker Ursprünglichkeit zuweilen ein Schuß geistreicher Leich-
tigkeit beigemischt ist, die man bei dem schwerblütigeren Dahl
nicht findet. Seine Gemälde, wie die „Jagd am Königssee“ und
besonders „Labrufossen“, solide gebaut und tüchtig durchgear-
beitet, haben in ihrer Haltung etwas Stattliches und selbst Be-
deutendes, aber sie sind mehr „gemacht“ als die Dahls, sie haben
mehr vom Schaustück; sein Meister wußte wohl, warum er ihn
humoristisch warnend „Professor in Effektmalerei“ nannte. Ein
letztes Wort, ein Werk, in dem sein schönes Talent, aller Hem-
mungen entledigt, sich in voller Reinheit und Freiheit ausgegeben
hätte, ist Fearnley schuldig geblieben.
 
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