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9. Die Skandinaven in Düsseldorf
die Zuwanderung aus Schweden ein. Ein volles Menschenalter,
etwa bis 1867, ist dann Düsseldorf, zuletzt freilich in schnell ab-
nehmendem Maße, ein Brennpunkt der nordischen Malerei geblieben;
es mögen hundert oder noch mehr Skandinaven sein, die im Laufe
der Zeit in Düsseldorf sich eingefunden haben, und mehr als einer
von ihnen ist hier dauernd ansässig geworden. Ohne die Grenzen
der Düsseldorfer Schule zu durchbrechen, haben sich doch die Skan-
dinaven in ihr vielfach durch größere Frische und Natürlichkeit
bemerkbar gemacht, und an den Ausschreitungen Düsseldorfer
Sentimentalität haben sie sich kaum je beteiligt. Den größeren
Vorteil von der Berührung mit Düsseldorf haben dank ihrem un-
erschütterlichen Nationalgefühle die Norweger gehabt, die auch
am Rheine immer Norweger geblieben sind und die dort erworbenen
Kunstmittel in den Dienst der Schilderung der Heimat stellten.
Von Düsseldorf aus hat Tidemand das norwegische Volksleben für
die Malerei entdeckt, von Düsseldorf aus Gude den Bereich der
norwegischen Landschaftsmalerei wesentlich erweitert.
Der Bauer war ja ein Lieblingskind der jüngeren Romantik. In
Deutschland hatten ihn Immermann, Gottheit und Auerbach in die
Literatur, Jakob Becker in die Kunst eingeführt. In Norwegen
verherrlichte die romantische Dichtung, die in den dreißiger Jahren
mit Henrik Wergeland in ihren Zenit trat, das Bauerntum als den.
Edelkern der Volkskraft, und die seit 1842 erscheinende Sammlung
der norwegischen Volksmärchen von Asbjörnsen und Moe schlug
reiche Tiefen der Volksphantasie und des Volkshumores an. Das
war die Atmosphäre, in die Adolf Tidemand (1814—76) trat, als
er nach seinen Studienjahren in Kopenhagen, Düsseldorf und
Italien 1842 die Heimat wieder aufsuchte. Er sollte das Altarbild
für die Erlöserkirche in Christiania malen; der Auftrag zerschlug
sich, aber er fand das Bauernleben, und er stellte es sich zur Lebens-
aufgabe, „Charakter, Sitten und Bräuche dieses kräftigen Natur-
volkes zu schildern“. Auf zahlreichen Reisen studierte er Haus und
Heim, Trachten und Sitten der Bauern, und eben diese Studien
zeigen in ihrer intimen Feinheit ihn als Koloristen von seiner besten
Seite. Gleich mit dem „Märchenerzähler“ von 1844 hatte er den
entschiedensten Erfolg. Seine Bauernbilder waren nun freilich mehr
9. Die Skandinaven in Düsseldorf
die Zuwanderung aus Schweden ein. Ein volles Menschenalter,
etwa bis 1867, ist dann Düsseldorf, zuletzt freilich in schnell ab-
nehmendem Maße, ein Brennpunkt der nordischen Malerei geblieben;
es mögen hundert oder noch mehr Skandinaven sein, die im Laufe
der Zeit in Düsseldorf sich eingefunden haben, und mehr als einer
von ihnen ist hier dauernd ansässig geworden. Ohne die Grenzen
der Düsseldorfer Schule zu durchbrechen, haben sich doch die Skan-
dinaven in ihr vielfach durch größere Frische und Natürlichkeit
bemerkbar gemacht, und an den Ausschreitungen Düsseldorfer
Sentimentalität haben sie sich kaum je beteiligt. Den größeren
Vorteil von der Berührung mit Düsseldorf haben dank ihrem un-
erschütterlichen Nationalgefühle die Norweger gehabt, die auch
am Rheine immer Norweger geblieben sind und die dort erworbenen
Kunstmittel in den Dienst der Schilderung der Heimat stellten.
Von Düsseldorf aus hat Tidemand das norwegische Volksleben für
die Malerei entdeckt, von Düsseldorf aus Gude den Bereich der
norwegischen Landschaftsmalerei wesentlich erweitert.
Der Bauer war ja ein Lieblingskind der jüngeren Romantik. In
Deutschland hatten ihn Immermann, Gottheit und Auerbach in die
Literatur, Jakob Becker in die Kunst eingeführt. In Norwegen
verherrlichte die romantische Dichtung, die in den dreißiger Jahren
mit Henrik Wergeland in ihren Zenit trat, das Bauerntum als den.
Edelkern der Volkskraft, und die seit 1842 erscheinende Sammlung
der norwegischen Volksmärchen von Asbjörnsen und Moe schlug
reiche Tiefen der Volksphantasie und des Volkshumores an. Das
war die Atmosphäre, in die Adolf Tidemand (1814—76) trat, als
er nach seinen Studienjahren in Kopenhagen, Düsseldorf und
Italien 1842 die Heimat wieder aufsuchte. Er sollte das Altarbild
für die Erlöserkirche in Christiania malen; der Auftrag zerschlug
sich, aber er fand das Bauernleben, und er stellte es sich zur Lebens-
aufgabe, „Charakter, Sitten und Bräuche dieses kräftigen Natur-
volkes zu schildern“. Auf zahlreichen Reisen studierte er Haus und
Heim, Trachten und Sitten der Bauern, und eben diese Studien
zeigen in ihrer intimen Feinheit ihn als Koloristen von seiner besten
Seite. Gleich mit dem „Märchenerzähler“ von 1844 hatte er den
entschiedensten Erfolg. Seine Bauernbilder waren nun freilich mehr