11. Durchbruch und Neuromantik in Norwegen
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Entwürfe von seltenem Feuer und von einer visionären Gewalt,
die an die Arbeiten des späten Josephson erinnern, ohne an ihren
Krankheitsmerkmalen teilzunehmen. Aber dieser Künstler blieb
ein Einsamer und Unvollendeter. Seit 1875 vergrub er sich in seine
Vaterstadt Christianssand und wurde schon zu Lebzeiten halb ver-
gessen; erst eine späte Gedächtnisausstellung hat ihn als kühnen
Vorläufer der Durchbruchsbewegung zu Ehren gebracht.
Auf andere Weise arbeitete sich das bescheidenere Talent Amaldus
Nielsens (geb. 1838) aus der Düsseldorfer Schultradition heraus. Er
wandte sich nach der Beendigung seiner Studien bei Gude 1869
nach Norwegen zurück und suchte sich abseits der künstlerischen
Tagesströmungen still und beharrlich seinen eigenen Weg zur Natur,
deren wechselnde Stimmungen er mit schlichtem feinem Gefühle
belauschte und mit einer ernsten Gradheit schilderte. Er bevor-
zugte die Motive seiner engeren Heimat, des Südwestens: kleine
Buchten, die das Meer aus niederen kahlen Klippen ausgehöhlt hat,
an den Fels lehnt sich etwa ein einsames Fischerhaus, im Sommer
sprengt eine zähe Birke ein zartes Grün in das rauhe Gestein, hoher
Himmel und weite See bringen Freiheit in die Enge, und das starke
Licht des Nordens schmückt die Armut mit reicher Farbe.
Die Mehrzahl der jungen norwegischen Maler aber nahm von
Düsseldorf ihren Weg nach Karlsruhe. Dort hatte Gude 1864 eine
Professur an der Akademie übernommen, und sein Lehrtalent wie
seine liebenswürdige Persönlichkeit bildeten den Magneten, der
die Norweger anzog. Seine verständnisvolle Unterweisung bahnte
den Talenten, die sich in den sechziger Jahren um ihn sammelten,
Fredrik Collett, Fritz Thaulow, Eilif Peterssen, Christian Krohg, Otto
Sinding, Kitty Kielland und anderen, den Pfad zu ihrer weiteren
Entwicklung, die sie dann in München suchten. Als Gude 1880
nach Berlin übersiedelte, hatte er seine Mission für die norwegische
Kunst erfüllt; in München aber hatte sich fast vollzählig die Kern-
truppe zusammengefunden, die den Kampf um die Erneuerung der
Malerei führen sollte: Eilif Peterssen und Erik Werenskiold, Hans
Heyerdahl und Gerhard Munthe, Otto Sinding und Christian
Skredsvig, Kitty Kielland und Harriet Backer. Sie studierten dort
zumeist bei Diez, Lindenschmit oder Löfftz; allein es ist bezeich-
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Entwürfe von seltenem Feuer und von einer visionären Gewalt,
die an die Arbeiten des späten Josephson erinnern, ohne an ihren
Krankheitsmerkmalen teilzunehmen. Aber dieser Künstler blieb
ein Einsamer und Unvollendeter. Seit 1875 vergrub er sich in seine
Vaterstadt Christianssand und wurde schon zu Lebzeiten halb ver-
gessen; erst eine späte Gedächtnisausstellung hat ihn als kühnen
Vorläufer der Durchbruchsbewegung zu Ehren gebracht.
Auf andere Weise arbeitete sich das bescheidenere Talent Amaldus
Nielsens (geb. 1838) aus der Düsseldorfer Schultradition heraus. Er
wandte sich nach der Beendigung seiner Studien bei Gude 1869
nach Norwegen zurück und suchte sich abseits der künstlerischen
Tagesströmungen still und beharrlich seinen eigenen Weg zur Natur,
deren wechselnde Stimmungen er mit schlichtem feinem Gefühle
belauschte und mit einer ernsten Gradheit schilderte. Er bevor-
zugte die Motive seiner engeren Heimat, des Südwestens: kleine
Buchten, die das Meer aus niederen kahlen Klippen ausgehöhlt hat,
an den Fels lehnt sich etwa ein einsames Fischerhaus, im Sommer
sprengt eine zähe Birke ein zartes Grün in das rauhe Gestein, hoher
Himmel und weite See bringen Freiheit in die Enge, und das starke
Licht des Nordens schmückt die Armut mit reicher Farbe.
Die Mehrzahl der jungen norwegischen Maler aber nahm von
Düsseldorf ihren Weg nach Karlsruhe. Dort hatte Gude 1864 eine
Professur an der Akademie übernommen, und sein Lehrtalent wie
seine liebenswürdige Persönlichkeit bildeten den Magneten, der
die Norweger anzog. Seine verständnisvolle Unterweisung bahnte
den Talenten, die sich in den sechziger Jahren um ihn sammelten,
Fredrik Collett, Fritz Thaulow, Eilif Peterssen, Christian Krohg, Otto
Sinding, Kitty Kielland und anderen, den Pfad zu ihrer weiteren
Entwicklung, die sie dann in München suchten. Als Gude 1880
nach Berlin übersiedelte, hatte er seine Mission für die norwegische
Kunst erfüllt; in München aber hatte sich fast vollzählig die Kern-
truppe zusammengefunden, die den Kampf um die Erneuerung der
Malerei führen sollte: Eilif Peterssen und Erik Werenskiold, Hans
Heyerdahl und Gerhard Munthe, Otto Sinding und Christian
Skredsvig, Kitty Kielland und Harriet Backer. Sie studierten dort
zumeist bei Diez, Lindenschmit oder Löfftz; allein es ist bezeich-