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15. Bildnerei und Baukunst in Schweden
anmutige Gestalt des Mädchens am Butterfasse (beide von 1903)
sind Schöpfungen dieses Impressionismus, der mit keckem Griffe
seine Motive aus der Wirklichkeit schöpft und das Augenblickliche
der Erscheinung in gültige plastische Form zu fassen versteht.
Auch das Bildnis behandelt Milles zuerst in impressionistischem
Sinne: die Bronzebüste des Architekten Boberg (1906) ist in Kopf
und Sockel in unruhig gegeneinander spielenden Flächen modelliert,
die mit einem nervösen Leben geladen sind. Es kennzeichnet die
Werke dieser Periode, daß auch da, wo der Raum nicht unmittel-
bar plastisch angedeutet ist, eine räumlich-landschaftliche Vor-
stellung in der Regel mit ihnen verbunden bleibt. In seinen Tier-
gruppen hat Milles dann dies Räumlich-Landschaftliche mit großem
Nachdrucke herausgearbeitet. Steilen Felsen entsteigen die plump-
phantastischen Formen langhalsiger Plesiosauren. Eine Elefanten-
gruppe stürmt mit wild aufgeworfenen Rüsseln eine Höhe hinan.
Die beiden Adler für die Gartenterrasse des Prinzen Eugen (1909/10)
sind in großartiger Bewegung entfaltet, während bei den spielenden
Bären im Berzeliusparke zu Stockholm die Formen aus dem Blocke
herausgeholt sind. In der wachsenden Bevorzugung des Steines als
Werkstoff gegenüber der von ihm ursprünglich zumeist gepflegten
Bronzearbeit kündigt sich zugleich eine neue Phase seiner Entwicklung
an: die malerischen Elemente treten zurück, mehr und mehr strebt
Milles nach geschlossener Form und nach Stilisierung. In den Granit-
bildnissen des Tonsetzers Hugo Alfven und von Ernst Wettergren
(1911) wie auch in der Holzherme des Dichters und Kritikers Oscar
Levertin wachsen die Köpfe in großen Formen schwer aus dem
Stoffe heraus, der sie gleichsam nur ungern zu entlassen scheint;
alles Leben ist nach innen gedrängt, Schatten des Leides hängen
über ihm. Auf mannigfachen Wegen sucht Milles nun stilistische
Haltung: die Tänzerinnenreliefs von 1913 und 1914 erinnern an
attische Werke des 5. Jahrhunderts; die Kaufmannsgruppen für die
Enskildabank in Stockholm haben etwas von dem derb-volkstüm-
lichen erzählerfrohen Realismus des 15. Jahrhunderts, die Tänze-
rinnengruppe von 1913/14 atmet den herben Reiz italienischer
Quattrocentisten, und in der Ausschmückung der von Boberg er-
bauten Kirche in Saltsjöbaden (1911—1913) hat der Künstler an
15. Bildnerei und Baukunst in Schweden
anmutige Gestalt des Mädchens am Butterfasse (beide von 1903)
sind Schöpfungen dieses Impressionismus, der mit keckem Griffe
seine Motive aus der Wirklichkeit schöpft und das Augenblickliche
der Erscheinung in gültige plastische Form zu fassen versteht.
Auch das Bildnis behandelt Milles zuerst in impressionistischem
Sinne: die Bronzebüste des Architekten Boberg (1906) ist in Kopf
und Sockel in unruhig gegeneinander spielenden Flächen modelliert,
die mit einem nervösen Leben geladen sind. Es kennzeichnet die
Werke dieser Periode, daß auch da, wo der Raum nicht unmittel-
bar plastisch angedeutet ist, eine räumlich-landschaftliche Vor-
stellung in der Regel mit ihnen verbunden bleibt. In seinen Tier-
gruppen hat Milles dann dies Räumlich-Landschaftliche mit großem
Nachdrucke herausgearbeitet. Steilen Felsen entsteigen die plump-
phantastischen Formen langhalsiger Plesiosauren. Eine Elefanten-
gruppe stürmt mit wild aufgeworfenen Rüsseln eine Höhe hinan.
Die beiden Adler für die Gartenterrasse des Prinzen Eugen (1909/10)
sind in großartiger Bewegung entfaltet, während bei den spielenden
Bären im Berzeliusparke zu Stockholm die Formen aus dem Blocke
herausgeholt sind. In der wachsenden Bevorzugung des Steines als
Werkstoff gegenüber der von ihm ursprünglich zumeist gepflegten
Bronzearbeit kündigt sich zugleich eine neue Phase seiner Entwicklung
an: die malerischen Elemente treten zurück, mehr und mehr strebt
Milles nach geschlossener Form und nach Stilisierung. In den Granit-
bildnissen des Tonsetzers Hugo Alfven und von Ernst Wettergren
(1911) wie auch in der Holzherme des Dichters und Kritikers Oscar
Levertin wachsen die Köpfe in großen Formen schwer aus dem
Stoffe heraus, der sie gleichsam nur ungern zu entlassen scheint;
alles Leben ist nach innen gedrängt, Schatten des Leides hängen
über ihm. Auf mannigfachen Wegen sucht Milles nun stilistische
Haltung: die Tänzerinnenreliefs von 1913 und 1914 erinnern an
attische Werke des 5. Jahrhunderts; die Kaufmannsgruppen für die
Enskildabank in Stockholm haben etwas von dem derb-volkstüm-
lichen erzählerfrohen Realismus des 15. Jahrhunderts, die Tänze-
rinnengruppe von 1913/14 atmet den herben Reiz italienischer
Quattrocentisten, und in der Ausschmückung der von Boberg er-
bauten Kirche in Saltsjöbaden (1911—1913) hat der Künstler an