Faßberg, Lageplan, 1988, 1 :5.000
FASSBERG
In den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts
wurde im äußersten Norden des Landkreises
Celle ein Fliegerhorst angelegt und eine Sied-
lung für die Familien der dort Beschäftigten
geschaffen. Fliegerhorst und Siedlung wur-
den nach dem östlich gelegenen Faßberg be-
nannt, einerallmählich und daherkaum merk-
lich ansteigenden Erhebung von 94 m. Das
Gelände war zuvor nicht besiedelt. Der Ort
wurde in die Schlichternheide gebaut, die Teil
des riesigen Waldgebietes ist, das sich süd-
lich in der Matheide fortsetzt.
In konsequenter Verfolgung der nationalso-
zialistischen Rüstungspolitik war im Frühjahr
1933 der Beschluß zum Aufbau einer starken
Luftwaffe gefaßt worden. Bereits im August
erging der Befehl zum Neubau von vier Bom-
berpilotenschulen. Für das in Faßberg ge-
plante, zunächst anonyme Projekt begann
noch im Sommer der Landkauf, Ende 1933
wurde der Kreisausschuß offiziell über den
Bau der „Deutschen Verkehrsfliegerschule
Faßberg“ informiert. Zur Erschließung der
entstehenden Großbaustelle wurde ein
Gleisanschluß vom Bahnhof Poitzen über
Schmarbeck verlegt. Nach zügiger Fertigstel-
lung wesentlicher Anlagen konnte 1934 der
Flugbetrieb aufgenommen werden; die Auf-
stellung eines Kampfgeschwaders begann.
Im August 1936 galt die Bebauung des nun
„Fliegerhorst Faßberg“ genannten Bereichs
als weitgehend abgeschlossen. Noch im sel-
ben Jahr begann die Errichtung der Siedlung
fürdie militärischen und zivilen Bediensteten.
Leitender Architekt für das Gesamtvorhaben
war Georg Sagebiel, dessen Bruder Ernst zur
gleichen Zeit den Bau der „Deutschen Ver-
kehrsfliegerschule“ im nahen Celle-Wietzen-
bruch leitete und anschließend (1936-41)
Neuplanung und Bau des „Weltflughafens“
Berlin-Tempelhof übernahm.
Für die militärischen und zivilen Bediensteten
des zukünftigen Fliegerhorstes und ihre Fa-
milien wurde ein völlig neuer Ort geplant, der
zunächst aus drei Siedlungen bestehen
sollte: „ Die Weiße Siedlung “ für die Arbeiter
(1936), die „Rote Siedlung“ fürdie Offiziere
und Beamte (1937) und die „Graue Sied-
lung“ für Unteroffiziere und untere Beamte
(1938). Eine Schule und Simultankirche folg-
ten 1937/38.
Während des Krieges wurde der Fliegerhorst
ausschließlich für Ausbildungszwecke ge-
nutzt. Kriegsschäden traten erst ein, als 1945
Teile des Horstes und der Siedlungen auf ei-
genen Befehl gesprengt wurden. Die Englän-
der übergaben 1956 den Horst an die Bun-
deswehr, die hier die Technische Schule 3
der Luftwaffe und das Heeresfliegerregiment
10 stationiert hat. Darüber hinaus war der
Flugplatz bis zur Vereinigung der Bundesre-
publik Deutschland ständig für eine Versor-
gung West-Berlins aus der Luft im Falle einer
zweiten Blockade einsatzbereit.
Die baulichen Anlagen des Fliegerhorstes
sind annähernd halbkreisförmig um das ur-
sprünglich kreisförmige Rollfeld gruppiert,
das heute durch eine den aktuellen Notwen-
digkeiten moderner Flugtechnik entspre-
chende Start- und Landebahn ersetzt ist. Die
geplante Erschließung von Süden über eine
repräsentative Hauptwache (s. Lageplan 42)
und Kommandanturgebäude konnte wegen
der für Schwertransporte ungeeigneten Bo-
denbeschaffenheit der Zufahrt nie genutzt
werden; statt dessen übernahm seit 1936 das
westlich gelegene, Fliegerhorst und Siedlung
verbindende Nebentordiese Aufgabe. Die ur-
sprünglich gedachte Erschließung ermög-
lichte die unmittelbare Zufahrt sowohl zu den
Hangars, die das Rollfeld umstehen (1-12),
als auch zu den Mannschaftsunterkünften
und Gemeinschaftseinrichtungen des Hor-
stes.
Auffällig ist die Absicht, durch Kubatur, Hö-
henentwicklung und Gruppierung der Archi-
tektur die Anlage dem dichten Baumbestand
einzugliedern und unterzuordnen, um da-
durch einen Tarneffekt zu erzielen. Dem ent-
sprechen die dreiseitig um kleine begrünte
Innenhöfe gruppierten Mannschaftsunter-
künfte, deren rote Ziegelbauten mit Halb-
walmdächern dem Typ des niederdeutschen
Hallenhaus angenähert sind. Dagegen orien-
tieren sich die Bauten für Technik und Ge-
meinschaftseinrichtungen an der Gegen-
wartsarchitektur und erreichen dabei eine
hohe Qualität. Dasgiltsowohlfürdiein Leicht-
binderkonstruktion erstellten Hangars mit
z.T. vollverglasten halbrunden Vorbauten für
die Flugleitung als auch für Hauptwache und
Stabsgebäude (43, 44), Kino und Schwimm-
bad zuseiten des Sportplatzes (45, 46) und
das Mannschaftsheim mit Schulungsräumen
(55). Von besonderem Interesse ist nicht zu-
letzt die vollständig erhaltene Flugzeug-Auf-
127
FASSBERG
In den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts
wurde im äußersten Norden des Landkreises
Celle ein Fliegerhorst angelegt und eine Sied-
lung für die Familien der dort Beschäftigten
geschaffen. Fliegerhorst und Siedlung wur-
den nach dem östlich gelegenen Faßberg be-
nannt, einerallmählich und daherkaum merk-
lich ansteigenden Erhebung von 94 m. Das
Gelände war zuvor nicht besiedelt. Der Ort
wurde in die Schlichternheide gebaut, die Teil
des riesigen Waldgebietes ist, das sich süd-
lich in der Matheide fortsetzt.
In konsequenter Verfolgung der nationalso-
zialistischen Rüstungspolitik war im Frühjahr
1933 der Beschluß zum Aufbau einer starken
Luftwaffe gefaßt worden. Bereits im August
erging der Befehl zum Neubau von vier Bom-
berpilotenschulen. Für das in Faßberg ge-
plante, zunächst anonyme Projekt begann
noch im Sommer der Landkauf, Ende 1933
wurde der Kreisausschuß offiziell über den
Bau der „Deutschen Verkehrsfliegerschule
Faßberg“ informiert. Zur Erschließung der
entstehenden Großbaustelle wurde ein
Gleisanschluß vom Bahnhof Poitzen über
Schmarbeck verlegt. Nach zügiger Fertigstel-
lung wesentlicher Anlagen konnte 1934 der
Flugbetrieb aufgenommen werden; die Auf-
stellung eines Kampfgeschwaders begann.
Im August 1936 galt die Bebauung des nun
„Fliegerhorst Faßberg“ genannten Bereichs
als weitgehend abgeschlossen. Noch im sel-
ben Jahr begann die Errichtung der Siedlung
fürdie militärischen und zivilen Bediensteten.
Leitender Architekt für das Gesamtvorhaben
war Georg Sagebiel, dessen Bruder Ernst zur
gleichen Zeit den Bau der „Deutschen Ver-
kehrsfliegerschule“ im nahen Celle-Wietzen-
bruch leitete und anschließend (1936-41)
Neuplanung und Bau des „Weltflughafens“
Berlin-Tempelhof übernahm.
Für die militärischen und zivilen Bediensteten
des zukünftigen Fliegerhorstes und ihre Fa-
milien wurde ein völlig neuer Ort geplant, der
zunächst aus drei Siedlungen bestehen
sollte: „ Die Weiße Siedlung “ für die Arbeiter
(1936), die „Rote Siedlung“ fürdie Offiziere
und Beamte (1937) und die „Graue Sied-
lung“ für Unteroffiziere und untere Beamte
(1938). Eine Schule und Simultankirche folg-
ten 1937/38.
Während des Krieges wurde der Fliegerhorst
ausschließlich für Ausbildungszwecke ge-
nutzt. Kriegsschäden traten erst ein, als 1945
Teile des Horstes und der Siedlungen auf ei-
genen Befehl gesprengt wurden. Die Englän-
der übergaben 1956 den Horst an die Bun-
deswehr, die hier die Technische Schule 3
der Luftwaffe und das Heeresfliegerregiment
10 stationiert hat. Darüber hinaus war der
Flugplatz bis zur Vereinigung der Bundesre-
publik Deutschland ständig für eine Versor-
gung West-Berlins aus der Luft im Falle einer
zweiten Blockade einsatzbereit.
Die baulichen Anlagen des Fliegerhorstes
sind annähernd halbkreisförmig um das ur-
sprünglich kreisförmige Rollfeld gruppiert,
das heute durch eine den aktuellen Notwen-
digkeiten moderner Flugtechnik entspre-
chende Start- und Landebahn ersetzt ist. Die
geplante Erschließung von Süden über eine
repräsentative Hauptwache (s. Lageplan 42)
und Kommandanturgebäude konnte wegen
der für Schwertransporte ungeeigneten Bo-
denbeschaffenheit der Zufahrt nie genutzt
werden; statt dessen übernahm seit 1936 das
westlich gelegene, Fliegerhorst und Siedlung
verbindende Nebentordiese Aufgabe. Die ur-
sprünglich gedachte Erschließung ermög-
lichte die unmittelbare Zufahrt sowohl zu den
Hangars, die das Rollfeld umstehen (1-12),
als auch zu den Mannschaftsunterkünften
und Gemeinschaftseinrichtungen des Hor-
stes.
Auffällig ist die Absicht, durch Kubatur, Hö-
henentwicklung und Gruppierung der Archi-
tektur die Anlage dem dichten Baumbestand
einzugliedern und unterzuordnen, um da-
durch einen Tarneffekt zu erzielen. Dem ent-
sprechen die dreiseitig um kleine begrünte
Innenhöfe gruppierten Mannschaftsunter-
künfte, deren rote Ziegelbauten mit Halb-
walmdächern dem Typ des niederdeutschen
Hallenhaus angenähert sind. Dagegen orien-
tieren sich die Bauten für Technik und Ge-
meinschaftseinrichtungen an der Gegen-
wartsarchitektur und erreichen dabei eine
hohe Qualität. Dasgiltsowohlfürdiein Leicht-
binderkonstruktion erstellten Hangars mit
z.T. vollverglasten halbrunden Vorbauten für
die Flugleitung als auch für Hauptwache und
Stabsgebäude (43, 44), Kino und Schwimm-
bad zuseiten des Sportplatzes (45, 46) und
das Mannschaftsheim mit Schulungsräumen
(55). Von besonderem Interesse ist nicht zu-
letzt die vollständig erhaltene Flugzeug-Auf-
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