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Kellmann, Thomas
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 7,3): Stadt Einbeck — Petersberg: Michael Imhof Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.65609#0442
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Stadtplänen von Braun (1728) und Hallensen
(1750) als offen geführter Graben dargestellt ist,
wurde erst 1790/91 mit Kalkbruchsteinen auf
einer Breite von ca. 3,2 m eingewölbt. Der südli-
che, mit ca. 50-60 cm deutliche schmalere Dreck-
graben auf der Grenze zwischen dem Münster-
und dem Neustädter Kirchspiel war vermutlich
bereits seit der Mitte des 16. Jahrhunderts über-
wölbt. Die Hausstellen entlang der Innenseite der
Stadtmauer haben den Straßenquerschnitt bis in
die Mitte des 19. Jahrhunderts zusätzlich stark
eingeengt. Das Rosenthal bildete bis zum
Abbruch dieser Bebauung zusammen mit der
Stadtmauer zwischen 1850 und 1870 nur eine

schmale Mauergasse. Die archäologisch nach-
gewiesenen Gewölbekeller an der Stadtmauer, die
bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts
verfüllt wurden, sprechen für eine bauliche Ver-
dichtung und vermutlich auch gewerbliche Nut-
zung entlang der Stadtmauer im späten Mittelal-
ter.
Im Preußischen Urkataster von 1875 ist die Stra-
ße bereits mit dem heutigen erweiterten Quer-
schnitt nach Abbruch der Stadtmauer und den
unmittelbar angrenzenden Häusern dargestellt.
Eine Neubebauung der Ostseite setzte erst Jahr-
zehnte später ein. Über dem aus dem Münster-
kirchspiel kommenden, teilweise noch offenen


Doppelhaus Rosenthal 20 und 18, Keilmann, 12.06.2016


Doppelhaus Rosenthal 14 und 12, Kellmann, 12.06.2016

Dreckgraben am nördlichen Ende der Straße führ-
te noch bis in das ausgehende 19. Jahrhundert
zwischen Möncheplatz und Rosenthal eine ein-
gewölbte Brücke. Außerhalb der Stadtmauer wur-
de der Dreckgraben als innerer Stadtgraben paral-
lel zum Mauen/erlauf nach Süden geführt.
Die erste Bebauung nach Abbruch der Stadt-
mauer setzte an der Ostseite 1881 ein, als die
Schönfärberei Wittram (vgl. Möncheplatz 4) durch
August Koppler eine große, 14 Gebinde bzw.
16,0 m lange Stallscheune in Fachwerk mit Quer-
durchfahrt östlich des Stadtgrabens errichten ließ.
Für das erste unmittelbar an der Straße 1893
errichtete Gebäude musste der Dreckgraben
leicht verlegt werden. Der ca. 24,0 m lange Zie-
gelbau (heute Rosenthal 3) wurde gleichfalls durch
Maurermeister Koppler für die Schönfärberei Witt-
ram als Viehstall errichtet. Bereits 1919 erfolgte
die Umnutzung als Druckwalzenfabrik mit einer
Formstecherei und einem Zeichenatelier für die
aufstrebende Tapetenindustrie (vgl. Tölke, 2000).
Unter der Bezeichnung „Kunstgewerbliche Werk-
stätten Raabe“ gehörte die Fabrik zur 1893 ge-
gründeten Südhannoverschen Druckwalzenfabrik
mit Standorten in Hannover und Einbeck. Nach
einer Aufstockung 1922, Erweiterungsanbauten
1950 und der Umnutzung als Wohn-Geschäfts-
haus 1984 ist diese im Kern erhaltene Erstbe-
bauung heute vollständig überformt. Eine histori-
sche Straßenansicht von Nordwesten zeigt den
Zustand der Zeit um 1920 vor der Aufstockung.
Einen Eindruck von der noch weitgehend unbe-
bauten Ostseite des Rosenthals vermittelt eine
historische Ansicht von Süden aus der Zeit um
1905. Ein erster zwischen 1893 und 1902 ent-
standener, ebenfalls nur eingeschossiger Neu-
bau, heute Rosenthal 17, zeugt von der geringen
Nachfrage bis zur Jahrhundertwende.
Die beiden Bezeichnungen als Dreckgraben und
Rosenthal verweisen auf die üblen Gerüche, die
von den Abwassergräben ausgingen. Die Be-
zeichnung „Rosenthal“ ist in mittelalterlichen
Städten weit verbreitet, so z.B. in Nürnberg und
Bonn. Der stark aufgehöhte Untergrund sowie die
weitgehend verfüllten Gewölbekeller an der West-
seite des Rosenthals sprechen zudem für einen
hohen Grundwasserstand. Alle geruchsintensi-
ven innerstädtischen Gewerbe wie Schlachter,
Gerber und Färber haben sich nachweislich an
den beiden Endstücken der Dreckgräben kon-
zentriert, bevor dieser die Stadt verließ. Der damit
verbundene Ruf der Straße dürfte also wesent-
lich zur schleppenden Bebauung beigetragen
haben. Erst mit der Verfüllung des funktionslosen
Dreckgrabens an der Ostseite des Rosenthals ab
1896 konnte die Neubebauung in Gang kom-
men. Ab 1902 wurde dann, beginnend mit einem
dreigeschossigen Neubau für Max Reuschel mit
naturroten sowie farbig glasierten Ziegelverblen-

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