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Erwarten kann und stets so zeitig kommt.

Fürwahr sic ist's, ich hatte recht gerathen.

Frau Giftig (tritt ein).

Oh, theurc Freundin, herzlich grüß' ich Sie!

Ich bin zu früh wohl fast hierher gekommen,

Denn keine von den andern Damen hat
Sich eingestellt. Doch möcht' ich gar zu gern
Ein Vicrtelstündchen blos mit Ihnen plaudern.

Frau Spitzig.

Zu viel Vergnügen macht Ihr Vorsatz mir;

Sie wissen ja, wie hoch ich Sie verehre.

Frau Giftig.

So manches Neue hat sich zugetragcn

Seit wir uns nicht gesch'n, geliebte Freundin;

Das Neuste aber werden Sie kaum wissen:

Der Stadtrath Fleck ist — denken Sie! — verschwunden '
Und mit ihm aus der Kasse große Summen.

Frau Spitzig.

Ist's möglich; Fleck, den für so reich man hielt?

Frau Giftig.

Nun wird Frau Fleck wohl unterlassen müssen,

Die neusten Hutfa^onS sich anzufchaffen,

Wie sie das immer hat bisher gethan.

Dann hat Frau Storch — doch still, ich sehe
Die andern Damen schon dort unten kommen
Und hätte doch so gern allein mit Ihnen,

Geliebte Freundin, länger noch geplaudert;

Denn soll ich's recht gesteh'», so sind Sic mir

Unendlich lieber als die geiz'ge Bissig

Und als Frau Schars, die stets auf And're schimpft.

Frau Spitzig.

Oh, zu viel Güte hat Ihr Herz für mich,

Doch fühle gleiche Freundschaft ich für Sie.

(Frau Bissig und Frau Schars treten ein!)

Frau Spitzig.

Von Herzen heiß' ich Sie bei mir willkommen!

Schon lange harrten Ihrer Ankunft wir
Und sprachen eben noch von Ihnen Gutes.

Doch bitt' ich Platz am Tische nun zu nehmen;

Als Gcgcnthcil von unsrer Freundschaft möchte
Der Kaffee sonst erkalten gar zu rasch.

(Man setzt sich. Frau Spitzig reicht Kaffee und Kuchen

herum.)

Frau Schars.

Welch schöner Trank! So stark und aromatisch
Weiß Freundin Spitzig nur ihn zu bereiten.

Frau Giftig.

Vollkommen wahr und wciß'rcn Zucker findet
Man nirgends in der Stadt.

Frau Bissig.

Und welches Lob

Verdient der Kuchen, der so weiß wie Schnee
Und süß und trefflich ausgcbacken ist.

Frau Spitzig.

Ich bitte mich zu sehr nicht zu beschämen
Durch Lob, das wahrlich doch ich nicht verdiene,

Ich gab nur, was in meinen Kräften stand.

Frau Giftig.

Ich wiederhole, daß man besser nicht
Bewirthet werden kann.

Frau Scharf.

Das ist die Wahrheit.

Frau Spitzig.

Nicht ist's die Güte des Gebotenen,

Der Kreis, in dem man's einnimmt, gicbt den Werth.

Ja, ich behaupt' cs recht aus vollem Herzen:

Nichts Schön'rcs giebt's als unser» FrenndschastSbund;

Nicht einmal können Frauen noch verstehen
Und achten sich und lieben so wie wir.

Sechs volle Tage sehne ich mich immer
Nach unserm Mittwochskränzchen, denn ich kann
Die Stunde kauin erwarte», wo wir wieder
Vereint am runden Tisch beim Kaffee sitzen.

Frau Bissig.

Auch mir ergeht es so, ich eile immer
Voll Freuden her, weil cs mich drängt
Die lieben Freundinnen auf's Neu zu seh'n.

Frau Giftig.

Wie kann dies überhaupt wohl anders sein
Bei Seelen, die so trefflich sich verstehen.

Frau Schars.

Nicht leicht besteht wohl noch ein Freundschaftskreis
Der unserm gleicht, wo man sich schätzt und liebt
Und der aus Grund der Herzen ist entsprungen.

Frau Spitzig.

Nun lassen Sie bei diesem Lob der Freundschaft
Kaffee und Kuchen uns nicht ganz vergesse».

Ich bitte ohn' Bedenken zuzulangcn,

Mein Vorrath ist noch lange nicht erschöpft.

Ich gehe, frischen Kuchen jetzt zu holen (Frau Spitzig ab).
Frau Giftig.

Wie lächerlich! Die Spitzig scheint zu glauben,

Was wir des Anstand's halber vorhin sagten;

Wie finden Sie den Kuchen, meine Theuere?

Frau Scharf.

Abscheulich, fest und hart wie schwarzes Brod,

Vom Zucker fand darin ich kaum die Spur;

Sic könnte wahrlich ganz das Backen lassen.

Frau Bissig.

Die unt're Seite ist total verbrannt
Und schmeckt so bitter, daß mit Ueberwindung
Man sic hinabwürgt. Auch der Kaffee ist
Nicht besser als der Kuchen, denn er schmeckt
Nach einem Surrogat, das Kopfweh macht.

Frau Giftig.

Das Hab auch ich gefunden, doch man durfte
Natürlich nicht die wahre Meinung sagen.
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