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„ Bestellungen werden in allen Buch- und Kimst-
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iTro.

661.

Erscheinen wöchentlich ein Mal. SubscriptivnS- \ vviii
preis für den Band von 26 Nummern 3 st. 54 kr. AA' 111■ li>U.
oder 2 Nthlr. 5 Sgr. Einzelne Nnmuicrn kosten 12 kr. oder 4Sgr.

Das Examen.

(Fortsetzung.)

„Nun, nun", cntgcgnctc der Fremde, „das kann Alles >
noch gut werden, wenn der junge Mann das Scinigc gelernt
hat. Ich werde mich nach ihm erkundigen und dann mit dem
Oberconsistorialrath sprechen — "

„Kennen Sic den? "

„O recht gut."

„Dann sagen Sie dem Schindcrsknccht ich —"
„Halt', mein Alter, erhitzt Euch nicht weiter, seid hübsch
ruhig, es wird Alles noch gut werden, ich werde mein Mög-
lichstcs thun, um den Dberconsistorialrath für Euer» Sohn zu
gewinnen. Er muß aber das Eramen noch ein Mal machen,
hört Ihr? Und jetzt noch eins, Euer Sohn hat sich auch wohl
schon eine Knarre angcschafft?"

„Nun, auf die Nase gebunden hat er mir das gerade
nicht, aber ich müßte wohl blind sein, wenn ich nicht sehen
wollte, daß er des Pfarrers Lieschen gern hat und sie ihn."

„Schon gut, da laßt es sich freilich denken, daß ihm sein
Malheur doppelt schmerzlich ist. Na, Alter, den Muth nicht
verloren, lebt wohl!"

Damit entfernte sich der Herr und weil der Besuch von
Fremden in dem Dorfe jenes Bildes wegen gerade keine Selten-
heit war, so hielt der Alte cs auch nicht für nothwcndig, gegen
den Pfarrer und Heinrich seines Besuches zu gedenken, der in-
dessen doch nicht wenig dazu beitrug, ihn endlich zur Einwilligung
in einen dritten und letzten Versuch zu bestimmen.

Es geht in der Welt Alles vorüber, es schwinden die
guten, wie die schlimmen Tage, die Pfeile selbst des herbsten
Schmerzes stumpfen sich nach und nach ab und mit dem Er-
matten des Schmerzes und der Trauer lebt jene Himmclstochtcr
wieder aus, die im Bunde mit der Liebe und dem Glauben
dem Dasein des armen Erdensohncs die wahre Weihe verleiht.

So verlief auch in Bobersdorf abermals beinahe das Jahr,
an dessen Schlüsse der arme Heinrich sein Eramen zum dritten
Aialc bestehen sollte. Wohl wurde Pfarrers Lieschen merklich
ernster, wohl wurde der alte Schullehrer mürrischer, je näher
jene Zeit heranrückte, die für das Lcbensglück zweier Familien
die letzte Entscheidung herbeiführen sollte, nur der Pfarrer blickte
gläubig und mit Zuversicht in die Zukunft und auch Heinrich
fühlte sich gestählt und gehoben, denn er war in der Zeit nicht
allein zum Manne gereift, der für sich allein in der Welt '
steht, sondern zum Manne, an den sich ein zartes weibliches
Wesen gekettet hat, für das cs galt, einen häuslichen Herd zum
Schutz und Schirm im Leben zu gründen; gewiß er wollte
dieß Mal den Blick deö Obereousistorialraths aushalten und
wenn er noch so bös und höhnisch wäre und war dieser aus-
gehalten, dann war er ja seiner Sache so gewiß, wie des ewigen
Lebens.

So kam der Tag der Abreise heran. Louise war ein
starkes Mädchen und im Augenblicke des Abschiedes leuchtete !
aus ihren Augen, aus ihrem ganzen Wesen die feste Zuversicht,
der stärkste Glaube an den Werth des Geliebten und an die ;
Lösung des dämonischen Banns, der über seinem Geschicke ge- !
schwebt. Wir wollen aber auch nicht verschweigen, daß sie gleich
nach der Abreise in ihr Kämmerlein ging und für den Geliebten ,
ein inniges Gebet an den Höchsten richtete, und daß manches
zarte Thränchen ihre» blauen Augen entquoll, wenn sie allein war.

Der Pfarrer entließ den Heinrich mit seinem Segen und
eben wollte dieser auch von dem Vater Abschied nehmen, als
dieser zur Reise gerüstet aus der Thüre trat.

„Wo willst Du hin, Vater?"

„Ich werde Dich begleiten, mein Sohn — "

„Aber Vater — “

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