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ZcitungSerxeditionen angenommen.

.V"' 633.

Erscheinen wöchentlich et» Mal. SubscriptionS- VvV„,
vrets für den Band von 2k Nummern 3 fl. 54 kr. AAlllli|iii.
odcr ll Rlhlr. 5 Sgr. Einzelne Nummer,, kosten l2 kr. oder 4@#t

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Unverhofftes Wiedersehen.

(Schluß.)

Frau vo» Güldcnhclm hatte in der liebenswürdigsten Weise
ihrem Oheim die Veranlassung ihrer früheren Bekanntschaft mit dem
Lieutenant und wie derselbe von Kosaken umringt dem Tode entgc-
gengeschleppt werden sollte, mitgetheilt. — Als Gouvernante im
Hanse des Fürsten P. hatte stc vom Fenster den Unglücklichen be-
merkt und den Fürsten beschworen, den Gefangenen befreien zu lassen.
Ihre Bitte fand Erhörung; doch verfiel der Gerettete, dem To-
desangst fast den Verstand geraubt hatte, noch an demselben
Tage in eine so schwere Krankheit, von der er erst nach Mo-
naten — trotz ihrer liebevollen Pficgc — wieder genesen
konnte. Fürst P. hatte den junge» Deutschen, dessen Unglück
ihm sehr nahe gegangen war, als Privat-Sekretär auf seinem
Schlosse behalten.

Aus jener Zeit rührten die angenehmen Erinnerungen
her, die den Lieutenant während der Nacht im . Postwagen ge-
fesselt und ihn jetzt im Eiscnbahn-Coupee mit einem Zaubcr-
netze umspannt hielten.

Die Zeit entfloh dem glücklichen Justus schneller als ein
Gedanke; schon hielt der Zug in Leipzig, man begab sich nach
de,» Hotel de Polvgne, wo zu Mittag gespeist wurde. — Die
feinen Weine, welche der Oheim bei dieser Gelegenheit auf-
tragen ließ, stimmten nnscrn Lieutenant immer wieder heiter,
so oft auch sein Pflichtgefühl an die Rückreise mahnte, und
veranlagten gar bald den Entschluß, die liebenswürdige Frau
v. Güldenhelin bis Magdeburg zu begleiten.

Im Coupöe an ihrer Seite saß Lerche so scelcnvcrgnügt
da, als mache er seine Hochzeitsreise, und erfreute durch seine
Heiterkeit sämmtliche Mitreisenden. — Doch leider nur zu bald
hatte der Zug auch Magdeburg erreicht. Hier verlebte er in
der Gesellschaft seines neuen Gönners und seiner wicdcrgcfun-
dencn Geliebten einen höchst glücklichen Abend, welchen er gern

noch verlängert haben würde, wenn nicht Frau von Güldenhelm
Zeichen von Müdigkeit geäußert hätte. Man begab sich zur Ruhe.

Mit den besten Vorsätzen erwachte der Lieutenant, als
ihm der Kellner meldete: die Herrschaften seien bereits nach
dem Dampfschiffe vorausgcgangcn, und würden ihn dort erwar-
ten. — Er warf sich in aller Schnelligkeit in's Zeug, doch
kam ihm Alles verkehrt dabei. Schon hatte er den Rock an-
gezogcn, da lag noch die Weste auf dem Stuhl; er schritt ans
dem Zimmer, und hatte nur einen Stiefel an; den Hut zerdrückte
er beim Aufsctzcn, und die Weste hatte er verkehrt angezogcn.
Endlich nachdem er »och die Vatermörder mit den Spitzen nach
hinten nmgebunden und so die Toilette höchst mangelhaft be-
endigt hatte, erreichte er keuchend den Haltplatz des Dainpfschisses,
flog wie ein Vogel über,die Brücke und auf das Verdeck des
Schiffes, so daß ihm sein Führer kaum folgen konnte.

„Kommen Sie endlich," rief ihm hier die Geliebte seines
Herzens mit nnverhchltcr Freude entgegen; „wir hatten schon
gefürchtet, Sic würden uns das Vergnügen Ihrer Gesellschaft ,
aus unserer weiteren Reise entziehen." Justus wollte eben von
seinem Abschiede sprechen, als auch der Oheim mit den Wor-
ten aus der Cajütc trat: „Kommt schnell, Kinder, der Kaffee
wartet;" und als nun vollends Louise ihn cinlud, auf dem
Divan neben ihr Platz zu nehmen, hatte der abermals auf der
Leimrnthc klebende Justus Lerche all' seine guten Vorsätze ver-
gessen. — Er wurde noch heiterer als gestern, als ihn der Ab-
gott seines Herzens bat, er möge doch seinen Anzug ordnen,
indem sie lachend die Zipfel seiner Vatermörder hcrvorzog. —
Der licbctrunkcne Lieutenant kam immer mehr aus dem Häus-
chen, all' seine Postcandidatcn-Vorsicht hatte ihn verlassen, län-
ger hielt er cs nicht aus, er mußte sein Herz erleichtern, und
als der Oheim kaum die Cajütc verlassen, und auf das Ver-

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