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Vetter Andres.

(Fortsetzung.)

Vetter Andres rieb sich mit der Pfeifcnspitze vor der
Stirn, als ob er sich besänne und sagte dann nach einer Weile
peinlicher Beklemmung für seine Verwandte: „ich müßte eigent-
lich kein einziges mehr, Frau Muhme, 'was ich noch zurück-
behalten hätte. Dock wenn der Frau Muhme vielleicht eins
bekannt ist, so . . .

„Ach! du lieber, barmherziger Gott!" unterbrach ihn mit
Thränen in den gutmüthigen Augen die gute Frau, „was sind
denn das für unerhörte Neuigkeiten und Geschichten, die Du
mir da erzählst. Ach verstehe wahrlich kein Wort davon und
mir schwindelt der Kopf, wenn ich denke, daß Du die Wabr-
heit sagst."

„Ach! das thut mir ja eigentlich recht weh," rief er in
sichtlicher Bctrübniß, „wenn die Frau Muhme meint, daß ich
Flausen machen thätc und die Frau Muhme mit Unwahrbeit
berichtete. Nein, so wahr ein Gott im Himmel lebt, es ist
Alles so, wie ich's der Frau Muhme weitläufig berichtet habe "

Nach langem Hin- und Hcrrcdcn gelangte denn die thcil-
nehmende Frau zu der Ucberzeugung, daß Vetter Andres nichts
niehr von Allem, was er einst sein genannt hatte, und er hätte
davon mit einer Familie bequem und mit Anstand von Zinsen
leben können, besaß, als was er auf dem Leibe und in dem

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Ränzchen trug, und das war leider Gottes schon abgetragen
und fadenscheinig genug. Es blieb kein Zweifel übrig, er
hatte sein ganzes, schönes Vermögen, das ihm seine frühvcr-
storbenen Eltern hinterlaffen, und das ihr seliger Mann als
Vormund bis zu seiner Großjährigkeit so treulich verwaltet und
vermehrt hatte, vcrposamcntirt und vcrwirthschaftet. Denn ver-
geudet konnte man nicht von ihm lagen. Hatte er doch immer
von seiner Leute Tisch gegessen und von jeher Hausmannskost
geliebt. Auch über kein absonderliches Unglück hatte er sich

zu beklagen gehabt, hatte weder Vichstcrben, noch Seuche, noch
Hagclichlag, Mäuscfraß, Kriegsverhecrung, Brandschaden oder
eigenes Siechthum erlebt, wenigstens nicht mehr als alle übrigen
Landwirthe der dortigen Gegend, und die hatten sich alle wohl
dabei befunden. Aber woran hatte cs denn gelegen? An
weiter nichts, als daß er zu gutmüthig, zu vertrauend gewesen,
als daß er Alles, was er anfing, beim Unrechten Ende angc- ;
fangen, zur Unrechten Zeit und am falschen Orte gethan hatte,
und so war's denn so weit mit ihm gekommen.

„Aber Vetter, bester Vetter!" rief die Frau Jnspectorin
am Ende dieser Unterhaltung aus und schlug nochmals die
beiden Hände über dem Kopfe zusammen, waS, beiläufig gesagt,
ihrer Haube nicht zum Vorthcil gereichte, „warum hast Du
denn keinem Einzigen Deiner Verwandten, und es befinde» sich
so viele geschäftserfahrcnc Leute darunter, ein Sterbenswörtchen
davon gesagt, daß cs mit Dir so rückwärts ging?"

„Es ist ja mit der GotteS Hülfe noch immer Zeit dazu,
Frau Muhme," erwiderte er treuherzig.

„Nein! jetzt ist'S zu spät, da Alles hin und verloren ist,"
fuhr sic schluchzend fort. „Du bist ja jetzt arm wie eine Kirchen-
maus. Aber wenn Du, als cs noch Zeit war, Vertrauen
gehabt hättest . . .

„O! Frau Muhme," erwiderte er ruhig, „was das an-
betrifft, so meinten Viele, ich hätte eigentlich zu viel Vertrauen
gehabt."

„Ja! zu schlechten Menschen, die Deine Gutmüthigkcit,
daß ich nicht sage, Deine ... doch nein! ich will's nicht auS-
sprcchen, — benutzt habe» zu ihrem Vorthcil und Gewinn und
zu Deinem Schaden und Verderben. Aber wir, die wir eines
Namens und eines Geschlechtes mit Dir sind, wenn auch unsere
Verwandtschaft sonst schon weit her ist, die wir's immer so

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