Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
gr Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst- ^ u Erscheinen wöchenllich ein Mal. Subscriptions- , „v

' Handlungen, sowie von allen Postämtern preis für den Band von26 Nummern 3 fl. 54 kr. u ”

und ZeitungServeditioncn angcnommew od. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od. 2s/, Sgr.

An die Partciblättcr.

chwarz ist dieß Blatt, das and're roth;

Die beiden werfen sich mit Koth,

Und jedes meint, daß die Partei
Des andern — Deutschlands Unglück sei.
Deutsch wollt Ihr sein, der Farben dritte
Vergaßt Ihr Beide doch — die gold 'ne Mitte!

Eine Künstlerfahrt.

(Fortsetzung.)

Der Floß hatte kaum dort festgelegt, als der junge Mann
auch schon am Lande war, um sich die Stadt anzuschen. Er
stieg mit mehreren Reisegefährten nach der Festung hinauf,
von wo mau das ferne bayerische Gebirg noch einmal am
Horizont lang hingestreckt erblickte. Man sah den Inn her-
abkommen und in die Donau einströmen, wo sein Wasser noch
eine Strecke weit unvermischt, an der Farbe erkennbar, rechts
hinfloß, während links ei» tintcnschwarzcr Fluß am Fuße der
Festung seine Fluth in den Hauptstrom ergoß und gleichfalls
eine dunkle Grenzlinie bildete.

Der Reisende stand lange oben auf dem Felsen und
blickte nach den wohlbekannten Bergen hinüber, die im rolhen
Abendschein erglühten. Dann sah er auf die Stadt hinab,
wo sich buntes Leben regte und hie und da ein Licht in dämm-
riger Gaststube zu flimmern begann. Er stieg hinab, um sich
Quartier für die Nacht zu besorgen, denn er wollte am Lande
bleiben, durchstrich die Straßen und ward endlich von einem
gcmüthlichen kleinen Wirthshause angelockt, welches eine gol-
dene Kanne als Zeichen herausstreckte.

Er war in ein Utopien gerathen. Alle Zaubermärchen
des Floßmeisters wurden zur Wirklichkeit. Das Bier floß

wie eine goldene Quelle, die gebratenen Tauben zu vier Kreuzer
waren Thatsache. Eine gebratene Gans, so groß wie ein
Hammel, mußte um den Preis von vicrundzwanzig Kreuzern
jeden Christenmenschen erfreuen und würde sogar noch tief
unten in der Türkei die Bewunderung der Heiden erregt haben.
Dazu brachte der wackere Wirth einen Nußliqueur, eigenes
Machwerk, eine Passauer Specialität, der die Gäste niit den
Lippen schmatzen machte. Wahrhaftig! Es war ein Stückchen
Märchen- und Schlaraffenland, in welches der junge Künstler
gerathen war. Ein gefährlicher Platz, an dem das Krempel-
huber'sche Liebesheilmittel seine Wirkung that, denn der Künst-
ler dachte beim Mahl der Phäaken wirklich kaum an seine
geliebte Euterpe.

Und das war erst an der Grenze des Landes, wo das
Huhn immer am Spieße steckt. Wie mußte es drüben lustig
sein, wo das Reich des Weines begann, wo das Volk nicht
vom Bier dickblütig irnd phlegmatisch wurde, sondern leicht
und froh dahinlebte, unter Sang und Klang arbeitete und
Backhändeln aß und immer wieder zu dem Schlußrefrain kam :
„'s gibt nur oan' Kaiserstadt, 's gibt nur oan Wien." Morgen
kam man in das gelobte Land. Mit dem Gedanken schlief
der Künstler ein und träumte von Wien, von Beethoven, von
Schubert, von Backhändeln und Schnitzeln, bis ein Flößer
mit gewaltiger Faust an die Thüre donnerte und ihn weckte.

Es war eine lächerlich kleine Rechnung, die der Künstler
zu zahlen hatte. Wollte ich die Summe nennen, die der
Passauer Wirth in jener glücklichen Zeit für das gute Bett,
eine schwelgerische Abendmahlzeit, ungezählte Gläser Bier und
einen soliden Kaffee verlangte, man würde glauben, ich sei
iir's Lügen gerathen. Ach, die Zeit ist dahin und man muß
jetzt in Passau blechen so gut wie anderswo — das ist der Fluch
der Eisenbahnen.

Unser Künstler nahm sein Tönnchen mit der Gans,

25
Bildbeschreibung
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen