Fliegende Blätter (76.1882 (Nr. 1901-1926))

Die Ouvertüre hört man kaum.

Denn jetzo füllt sich erst der Raum; —
Recht Schade, — oftmals ist dies ja
Das Beste von der Opera.

Wenn es beginnt, so steht der Chor
Schon da und singt uns Etwas vor;
Die Herrn Choristen schlagen sich
Brav auf die Schultern, sagen sich
Auf diese Art, um was sich's dreht, —
Wovon man meistens Nichts versteht. —

Dann tvird es still, der. Tenorist
Jst's, der jetzt aufgetreten ist;

Daß er der Held sei, sicht die Welt;
Ganz vorn hat er sich aufgestellt.

Und singt nun eine Arie meist.
Worin er seine Dame preist.

Und sich': 1uxu8 in tabula!

Kaum singt von ihr er, ist sie da:

Halb schwebt, halb rauscht sic zu ihm hin —
Es ist die erste Sängerin.

Sic schmettert los, er setzt dann ein.

Und Beide singen im Verein,

Bis die Altistin dann sic warnt.

Daß längst ein Späher sic umgarnt; —

Dort naht er schon der Bariton.

„Vcrräther, nimm der Hölle Lohn!"

Beginnet nun der Tenorist, —

Was des Quartettes Anfang ist.

Das stets das Publikum so packt; —

Und damit schließt der erste Akt. —

Der zweite Akt beginnt meist nett
Mit einem reizenden Ballet;

Erst tanzt das Corps den bunten Reih'n,
Dann springen Zwei, dann Er allein;

Er rast umher, bis Er ganz gischt.

Und thut alsdann, als wär' das nischt.

Jetzt legt Sie los; Sic schwebt umher.

Die Zehen perpendikulär.

Dann springt auch Sie wie 'n Kranich 'nun.
Und rasend klatscht das Publikum.

Alsdann erscheint ans den Applaus
Das Corps und tanzt die Beiden 'raus. —
Die Sänger, die bisher ganz schön
Und artig schweigend zugeseh'n,

Gch'n jetzt in's Zeug. Zunächst der Baß;
Der Alte ist's — längst merkt er 'was:

Er will nun 'mal den Bariton
Durchaus zu seinem Schwiegersohn;

Doch seine Tochter singt und singt:

„Daß ihm dies; nimmermehr gelingt!"

Die Mutter fängt jetzt auch noch an;

Sie ist nicht „Alt" und nicht „Sopran",