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Die Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 4: Hameln: Verlag C.W. Niemeyer, 1987

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ALTAR, RAUM UND AUSSTATTUNG

Tode von Heinrich Julius 1613 und der Fertigstel-
lung des Altares 1618 fünf Jahre vergingen. Wieso
an dem Altar so lange weitergebaut oder sogar erst
nach dem Tode des Herzogs mit der Arbeit begon-
nen wurde. Wie konnte die Finanzierung sicher-
gestellt sein, wenn Nosseni bereits 1615 bei dem
Sohn von Herzog Heinrich Julius, Friedrich Ul-
rich, um die Erstattung seiner Auslagen einkom-
men mußte. Auch weshalb der 1618 bereits fertig in
108 Sachsen bereitstehende Altar nicht nach Prag gelie-
111 fert wurde, wo doch erst nach der Schlacht am Wei-
ßen Berg am 18. November 1620 die Lage der Pro-
testanten dort unhaltbar wurde und schließlich
weshalb die Dreifaltigkeits-Gemeinde in Prag sich
einen anderen Altar beschaffte, den sie 1620 mit
einer feierlichen Predigt einweihte.16' Als bemer-
kenswert muß ferner hervorgehoben werden, daß
der von dem Bildschnitzer Bernhard Ditterich ge-
109 schaffene Wolfenbütteier Altar aus Holz besteht,
der von Nosseni projektierte aber aus verschiede-
nen Marmorsorten gefertigt werden sollte.
Daß Nosseni vielfach Aufträge von anderen
Künstlern durchführen ließ, ist nicht ungewöhn-
lich. Auch an anderen Altären hat der Künstler
nach eigenem Bekunden noch „andere Werkmei-
ster neben ihme“ beschäftigt.171 Ob sich allerdings
die Fertigung des Wolfenbütteier Altares durch den
Freiberger Meister, der sonst nicht zu seinem Um-
kreis gehörte, durch die starke Inanspruchnahme
Nossenis durch den sächsischen Hof stichhaltig er-
klären läßt, muß dahingestellt bleiben. In diesem
Zusammenhang ist vor allem von Belang, daß
148 Bernhard Ditterich nachweislich bereits 1610 für
den sächsischen Hof tätig war.18' — Hier darf aller-
dings nicht unerwähnt bleiben, daß 1612 zwischen
Bernhard Ditterich und der Nosseni-Gruppe eine
Streitsache schwebte, bei der es vor allem um seine
Anerkennung als Bildhauer ging.19-1 In einem von
Nosseni „architecto“, den Bildhauern Christoff
und Sebastian Walther, Jakob Bagenin, Johann
Stilling und Zacharias Berthold unterzeichneten
Schreiben werden Ditterich und sein Bruder Franz
aufgefordert, sich der Steinarbeit zu enthalten oder
bei einem zünftigen Lehrmeister einzutreten, um
einen Lehrbrief zu erlangen. Nach 1625 erheischte
Bernhard Ditterich die Aufnahme in die Dresdener
Innung der Bildhauer; über den Erfolg seiner Be-
mühungen ist nichts bekannt.20'
Der Altar bis 1623
Nachdem das Gewölbe der Hauptkirche in Wol-
fenbüttel 1620 vermutlich „gäntzlich beschlos-
135 sen“21' und „Organ und Predigtstul“ Anfang 1623
„guten teils gesetzt“22' waren, wurde ein Ersatz für
den im Chor aufgestellten provisorischen Altar ge-
sucht. Dieser fand sich schließlich in dem für Prag
geschaffenen Kunstwerk. Im Jahre 1623 erschien

Bernhard Ditterich in Wolfenbüttel und legte einen
— heute nicht mehr auffindbaren — Abriß vor,
nach dem mit Herzog Friedrich Ulrich, dem Sohn
des Stifters, und den Baudirektoren ein Lieferkon-
trakt geschlossen wurde:
„Contract wegen des Newen Altars in der Hein-
richstadt 1623, Januar, 14. Zu wissen, das im nah-
men des durchleuchtigen hochgebornen Fürsten
undt Hern, Friederichen Ulrichs, Hertzogen zu
Braunschweig und Luneburgk etc. unsers gnedigen
Fürsten und Hern, zwischen dem würdigen, hoch:
wolgelarten, ernvesten undt erbarn S.F.G. zu dem
newen Heinrichstädtischen kirchengebaw verordt-
neten Directorn an einem, und dem ehrnhaften
undt kunstreichen Burchardten Dieterichen bür-
gern und bildthawern zu Freibergk in Meißen, am
andern theil, wegen eines nach beyliegendem, von
beiden theilen unterschriebenen, undt uf den maß-
stap, nach dem verjüngten schuch gemachten ab-
riß, allerdings mit erhobener, ausgeschnittener
bildthauwer, von holtz gemachter, und allerdings
mit reinem glantz goldt: weißer stein: undt andern
gehöriger zierlichen und bestendigen färben, albe-
reits gefertigten und ausgestaffierten altar, und de-
ßen ein: und umbgang, gemachten apparentien und
dazu gehörigen notturft, folgender contract und
kauff beschloßen undt getroffen worden.
Anfenglich hat gedachter meister sich verpflich-
tet, das er solchen altar, nach außWeisung obber-
urts abriß, jedoch mit den Fürstlichen wapen, undt
dazu, wie auch denen daran befindtlichen histo-
rien, gehörigen schrifften undt buchstaben, ufs flei-
ßigste, renlichste, kunstreichste, und also durch
der Sachen verstendige leute untadelhafft, viertze-
hen tage nach itz bevorstehenden Ostern, unzer-
brochen undt wolverwarlich, jedoch uf hocher-
melts unsers gnedigen Fürsten und Hern zimlichen
kosten, neben zween persohnen gewiß, auch der-
gestalt verschafben, damit er noch vor Pfingsten
schierstkunfftig alhier in der newen Heinrichstäd-
tischen Kirchen, von ihme dem meister selbst ufge-
richtett, gesetzett, und also die divina dafür ver-
richtett werden können und muegen, inmaßen dan
ihme und seinen gehulffen, zeit wahrender setz:
und ufrichtung deßelben, notturftige kost und
lager verschaft, jedoch da unterwegens oder sonst
etwas an dem wercke zerbrochen, vernichtet oder
verschampfieret, das er der meister solches uf sei-
nen eignen kosten endern und beßern soll und will.
Dagegen haben wegen hochermelts Ihres gnedi-
gen Fürsten und Hern, obgedachte dero Directorn,
ihme eines vor alles, vor den gefertigten altar und
also das gantze corpus, und deßen stafir: setz: und
ufrichtung über obberurten bewilligten kosten und
fuhrlohn, zugesagt undt verheißen, zweytausendt
und zweyhundert in specie gute Reichs harte tha-
ler, derogestalt und also, das wir, Friedrich Ulrich
Hertzog zu Braunschweig und Luneburgk etc. und

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