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Die Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 4: Hameln: Verlag C.W. Niemeyer, 1987

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FREIBERGER BILDHAUERFAMILIE DITTERICH

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formieren wil, das sol ihm ungewehret sein. Was
aber den Gyps anlanget und darvon abgeht, mag er
seines Gefallens gebrauchen.“n) Dem Zitat ist indi-
rekt zu entnehmen, was den Zeitgenossen an den
Werken Ditterichs besonders beeindruckte: sein
Zug zum kunsthandwerklichen Feinen, zum Ma-
nieristischen. Seine Altäre in Döben/Krs. Grimma,
1591, und Ottendorf/Krs. Pirna, 1591, bezeugen
sein Vermögen, die Figuren einem dekorativen Ge-
samtausdruck des Werkes dienstbar zu machen,
obwohl zunächst das von Doppelsäulen flankierte
Corpus in der Mitte noch bestimmend bleibt. Der
Durchbruch zu einer wesentlich neuartigen Kon-
zeption gelingt dem älteren Ditterich mit dem von
der Familie von Pflugk in Auftrag gegebenen Epi-
taphaltar der Stadtkirche in Strehla/Krs. Riesa,
1605. Es ist anzunehmen, daß an diesem Werk
die Söhne Franz (1581 — 1625) und Bernhard
(1585 — 1637) bereits mitgewirkt haben. Der Altar
ist nicht mehr Architekturwerk, sondern
Schmuckstück; der Vergleich mit einer Monstranz
drängt sich auf. Die Mitte bildet ein Oval. Die Ge-
schosse sind ornamental miteinander verschmol-
zen, die Figuren sind einbezogen in den verselb-
ständigten Bewegungsstrom des Ganzen. Wichtig
sind neuartige Einzelelemente: die seitlichen
Abendmahlsdurchgänge als Träger der Wappen
und Figuren der Stifterfamilien, die Einführung
eines sarkophagartigen Aufsatzes oberhalb der
Mittelszene, die Anbringung von Kartuschen als

Bildträger von Reliefs mit Nebenszenen. Aber
auch bestimmte ikonographische Eigenheiten wie
die Erscheinung des Auferstandenen als Gärtner
oder die Darstellung des Jona und des Simson als
typologische Gestalten der Auferstehung müssen
die Zeitgenossen stark beeindruckt haben.
Das am besten vergleichbare Werk, das Hole-
wein-Epitaph im Freiberger Dom, entstand zwi-
schen 1607 und 1617 und wird Franz Ditterich d.J.
zugeschrieben,12> Hier sind die Säulen gänzlich
weggelassen und bei ähnlichem Gesamtaufbau Fi-
gur und Ornament zu einem nur schwer entziffer-
baren Formenknäuel vereint. Lesbar werden die
Formen und Inhalte durch die Polychromie: Wäh-
rend das Ornament in Weiß und Gold gehalten ist,
steht die Schrift Gold auf schwarzem Grund. Die
Figuren sind durch ihre „natürlichen“ Inkarnatfar-
ben hervorgehoben, während die Gewänder alle
weiß sind und nur goldene Säume besitzen.
Die Werke Bernhard Ditterichs zeichnen sich
dagegen durch eine klarere architektonische
Grundstruktur aus. Das repräsentativste Beispiel
dafür ist der Altar der Freiberger Jakobikirche von
1610. Auf die Predella folgt das von Doppelsäulen
flankierte Mittelrelief mit einer volkreich darge-
stellten Kreuzigung. Ein klassisch gebildetes Ge-
bälk trennt das Mittelgeschoß vom eingezogenen
Obergeschoß mit dem Relief der Grablegung. Der
Stil und die Fassungen der Figuren sich durchaus
dem Holewein-Epitaph ähnlich; auffällig sind aber



146 Freiberg, Dom. Figur Johannes der Täufer vom Hole-
wein-Epitaph

147 Freiberg, Dom. Epitaph der Familie Holewein von Franz
Ditterich d.J., um 1607/1617.

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