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Die Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 4: Hameln: Verlag C.W. Niemeyer, 1987

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DIE BIBLISCHEN GEMÄLDE

Bedeutung. Für die Darstellung boten sich die
weithin sichtbaren Brüstungsfelder an der Empore
an; diese ist das charakteristische Ausstattungs-
stück der protestantischen Predigerkirche. Im hie-
sigen protestantischen Raum ist die Aposteldar-
stellung sehr früh, häufiger erst nach dem Dreißig-
jährigen Krieg belegt. Frühe Beispiele sind die
zwölf Apostel (mit Luther statt mit Christus) an
der Empore in der Dorfkirche St. Ägidien in Hül-
sede bei Springe (ohne Credo, Brustbilder, 1579)
und die Apostel mit Christus an den Wänden der
St. Martinskirche in Greene (mit Credo, ganzfigu-
rig lebensgroß; um 16OO).6-5
Die Wolfenbütteier 12 Apostel mit Christus hat-
ten nach dem Corpus Bonorum (Kap. 16 § 3) als ur-
sprünglichen Standort „die Prieche neben der
Cantzel gegen Mittag“. Heute sind 10 Apostelbild-
nisse dem Schloßmuseum Wolfenbüttel anver-
traut. Die Bildnisse von Christus, Thomas und Ja-
kobus d. Jg. sind verlorengegangen.7) Thöne datiert
sie um 1620 und schreibt sie dem Hofmaler Chri-
stoph Gertner zu, der bis 1621 am Wolfenbütteler
Hof tätig war.8-1
Der Künstler hat vermutlich von älteren und
zeitgenössischen Apostelzyklen Anregungen ent-
nommen, ohne daß bei deren Ähnlichkeit unter-
einander eine bestimmte Vorlage nachweisbar ist.
So stimmt sein Zyklus z.B. in der Art der Darstel-
lung des Apostel-Attributes mehrmals überein mit
dem von Marten de Vos entworfenen, von Hendrik
Goltzius gestochenen Zyklus, der im Bildhinter-
grund die Martyrien zeigt. Für die bildnerische Lö-
sung seiner Aufgabe hat er eine undramatische
Darstellungsform gewählt. Die Apostel, ganzfigu-
rig, aber unter halber Lebensgröße dargestellt, ste-
hen mit ihren Attributen in würdevoll ruhiger Hal-
tung unter düsterem Himmel vor einer Landschaft
oder einem Waldstück als Hintergrund. Jeder
Apostel verkündet in lateinischer Sprache seinen
Credoanteil.
An diesem ist ihre Reihenfolge erkennbar. Es ist
die Reihenfolge, in der der Evangelist Lukas (6,
14—16) die Namen der 12 Apostel überliefert.
Möglicherweise soll es die Reihenfolge sein, in der
Christus die Apostel berufen hat. Als erste die Brü-
der Petrus und Andreas, nach ihnen die Brüder Ja-
kobus d.Ält. und Johannes, dann Philippus, Bar-
tholomäus und den Zöllner Matthäus. Zu ihnen
berief Christus aus der Schar der ihm nachfolgen-
den Anhänger noch Thomas, Jakobus d. Jg., Simon
Zelotes, Judas Thaddäus und Ischarioth.
Die Marienkirche ging mit der Darstellung der
Propheten den Pfarrkirchen in Schöningen und
Celle voran. Dasselbe gilt auch für die Darstellung
der Apostelgemeinschaft mit Christus. Schöningen
folgte 1658 (mit Credo), Celle um 1698 (ohne
Credo).

XII S. MATTHIAS NATVSIN BETHLEHEM.
ET VITAM A.TEP.NAM. AMEN <


163 Apostel Matthias, um 1620 von Christoph Gertner (?).

183
 
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