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https://doi.org/10.11588/diglit.9190#0121
Beziehungen zum Westen
113
Westlich über Italien hin-
aus werden die Beziehungen zur
mykenischen Kultur bald unge-
wiß.') MitSardinien hat nochHan-
del bestanden (darüber im näch-
sten Kapitel); vielleicht ist auf
diesem Wege das kleine Gold-
relief einer Frau (M.V. Text 48,
Abb. 27) nach Sardinien gekom-
men; die Vergleiche sardinischer
Terrakotten und Vasen mit mittelminoisch-kretischen (Peet, Stone and bronze ages 286 f.)
bleiben jedoch sehr vage. Die bronzenen Stierköpfe von Costig auf Mallorca (Rev. arch. 30,
1897, 138 ff.), die oft für mykenisch angesehen wurden, stimmen stilistisch durchaus nicht
mit den echt mykenischen überein (Arch. Jahrb. 1911, Taf. 7,8). Daß man von Spanien schon in
mykenischer Zeit Silber und Zinn holte, ist wahrscheinlich; unwahrscheinlich aber ist, daß
seit dieser Zeit eine so starke mykenische Kunstströmung im Lande blieb, die Jahrhunderte
später den Stil der bemalten iberischen Keramik noch hätte erzeugen können (Abb. 101).
Die mykenisch anmutenden Muster und Motive der iberischen Vasen, die ihre nächsten,
fest ins 4. und 3. Jahrhundert v. Chr. datierten Parallelen in Südfrankreich bei Narbonne
haben (Comptes rendus de l'academie des inscr. 1909, 981 ff.), können unmöglich direkte
Ableitungen mykenischer Kunstformen sein und wären besser nie als solche bezeichnet
worden.1') Daß die spanischen Kuppelgräber weder vom mykenischen Gebiet abhängig sind,
noch ihr Vorbild waren, hat schon Hub. Schmidt mit Recht betont/1) Wie Dechelette in
der Herleitung aller Kulturelemente vom Osten4), so scheint mir Schuchhardt in der An-
nahme der umgekehrten, von Westen kommenden Kulturströmung viel zu weit zu gehen/')
2. DER HANDEL IN MYKENISCHER ZEIT
Die zahlreichen oben dargelegten Beziehungen der kretisch-mykenischen Kultur zum
Ausland ließen sich nur in den wenigsten Fällen durch die Annahme der Einwanderung
von Volksteilen aus dem mykenischen Kulturgebiet erklären. Die weitaus meisten Funde
mykenischer Waren im Ausland umschreiben ein Absatzgebiet des mykenischen Handels,
der, naqh dem Umfang dieses Absatzgebietes zu schließen, sich in großen Dimensionen
bewegt haben muß. Zwar werden die in Nubien gefundenen kretischen und mykenischen
Vasen nicht von Kretern und auf kretischen Schiffen bis an ihren Bestimmungsort gelangt
sein, aber die fremden Küsten haben diese Schiffe sicher erreicht, wie schon die gleich-
1) Sehr weit geht in der Annahme mykenischer Einflüsse in Italien Ghirardini, Bull. Pal.
Ital. 39, 1913, 137 ff.
2) Wichtigste Publikation P.Paris, Essai sur l'art et l'industrie de l'Espagne primitive II 1 ff.
Die eine immer zitierte echt mykenische Pyxis in Spanien ist wohl mit Paris II 37, Abb. 16
identisch, also auch iberisch; die Originalpublikation Gascon de Gotor, Zaragoza artistica I, ist
mir allerdings ebensowenig zugänglich, wie sie anscheinend für Perrot-Chipiez (VI 940 A. 5),
Dawkins (J. H. S. 1904, 128) und Evans, Scripta Minoa (I 97 A. 2) war, die alle denselben Druck-
fehler wiederholen. 3) Zeitschr. f. Ethn. 1913, 245f.
4) Rev. arch. 12, 1908, 219 ff. 5) Ber. Berk Ak. 1913, 734 ff.
Fimmen, Die kretisch-mvkenischc Kultur 8
\
Abb. 101. Iberische Keramik.
113
Westlich über Italien hin-
aus werden die Beziehungen zur
mykenischen Kultur bald unge-
wiß.') MitSardinien hat nochHan-
del bestanden (darüber im näch-
sten Kapitel); vielleicht ist auf
diesem Wege das kleine Gold-
relief einer Frau (M.V. Text 48,
Abb. 27) nach Sardinien gekom-
men; die Vergleiche sardinischer
Terrakotten und Vasen mit mittelminoisch-kretischen (Peet, Stone and bronze ages 286 f.)
bleiben jedoch sehr vage. Die bronzenen Stierköpfe von Costig auf Mallorca (Rev. arch. 30,
1897, 138 ff.), die oft für mykenisch angesehen wurden, stimmen stilistisch durchaus nicht
mit den echt mykenischen überein (Arch. Jahrb. 1911, Taf. 7,8). Daß man von Spanien schon in
mykenischer Zeit Silber und Zinn holte, ist wahrscheinlich; unwahrscheinlich aber ist, daß
seit dieser Zeit eine so starke mykenische Kunstströmung im Lande blieb, die Jahrhunderte
später den Stil der bemalten iberischen Keramik noch hätte erzeugen können (Abb. 101).
Die mykenisch anmutenden Muster und Motive der iberischen Vasen, die ihre nächsten,
fest ins 4. und 3. Jahrhundert v. Chr. datierten Parallelen in Südfrankreich bei Narbonne
haben (Comptes rendus de l'academie des inscr. 1909, 981 ff.), können unmöglich direkte
Ableitungen mykenischer Kunstformen sein und wären besser nie als solche bezeichnet
worden.1') Daß die spanischen Kuppelgräber weder vom mykenischen Gebiet abhängig sind,
noch ihr Vorbild waren, hat schon Hub. Schmidt mit Recht betont/1) Wie Dechelette in
der Herleitung aller Kulturelemente vom Osten4), so scheint mir Schuchhardt in der An-
nahme der umgekehrten, von Westen kommenden Kulturströmung viel zu weit zu gehen/')
2. DER HANDEL IN MYKENISCHER ZEIT
Die zahlreichen oben dargelegten Beziehungen der kretisch-mykenischen Kultur zum
Ausland ließen sich nur in den wenigsten Fällen durch die Annahme der Einwanderung
von Volksteilen aus dem mykenischen Kulturgebiet erklären. Die weitaus meisten Funde
mykenischer Waren im Ausland umschreiben ein Absatzgebiet des mykenischen Handels,
der, naqh dem Umfang dieses Absatzgebietes zu schließen, sich in großen Dimensionen
bewegt haben muß. Zwar werden die in Nubien gefundenen kretischen und mykenischen
Vasen nicht von Kretern und auf kretischen Schiffen bis an ihren Bestimmungsort gelangt
sein, aber die fremden Küsten haben diese Schiffe sicher erreicht, wie schon die gleich-
1) Sehr weit geht in der Annahme mykenischer Einflüsse in Italien Ghirardini, Bull. Pal.
Ital. 39, 1913, 137 ff.
2) Wichtigste Publikation P.Paris, Essai sur l'art et l'industrie de l'Espagne primitive II 1 ff.
Die eine immer zitierte echt mykenische Pyxis in Spanien ist wohl mit Paris II 37, Abb. 16
identisch, also auch iberisch; die Originalpublikation Gascon de Gotor, Zaragoza artistica I, ist
mir allerdings ebensowenig zugänglich, wie sie anscheinend für Perrot-Chipiez (VI 940 A. 5),
Dawkins (J. H. S. 1904, 128) und Evans, Scripta Minoa (I 97 A. 2) war, die alle denselben Druck-
fehler wiederholen. 3) Zeitschr. f. Ethn. 1913, 245f.
4) Rev. arch. 12, 1908, 219 ff. 5) Ber. Berk Ak. 1913, 734 ff.
Fimmen, Die kretisch-mvkenischc Kultur 8
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Abb. 101. Iberische Keramik.