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Fimmen, Diedrich
Die Kretisch-mykenische Kultur — Leipzig, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.9190#0076

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(B. S. A. XI 267) auch eine große Opferstätte wieder erkannt wurde. Endlich soll auch in
Kumasa ein Hausheiligtum, das bis in spätminoische Zeit hinabreichende Idole enthielt,
aufgedeckt worden sein.

Die weitaus zahlreichsten Kultstätten sind die großen Kammer- und Kuppelgräber;
der Totenkult muß eine besonders große Rolle gespielt haben. Da die Bestattung, wie wir
sahen, in der Regel in Nebenkammern oder besonderen Gruben und Nischen erfolgte, diente
der Hauptraum in erster Linie als Opferstätte. Diese Opfer haben vielfach auch ihre
Spuren hinterlassen; ich nenne nur Dimini, Spata und Nauplia, wo besonders viel Tier-
knochen, Kohlen- und Aschenreste gefunden wurden. Die Grube im Stomion des Kuppel-
grabs von Vaphio, die eine Aschenschicht enthielt, darf gewiß als Opfergrube erklärt werden.
In den Grabkammern der Schachtgräber von Mykenä fanden sich ebenfalls zahlreiche Spuren
von Opfern, und daß der Totenkult nach der Verschüttung der Gräber noch fortgesetzt
wurde, bezeugt der über ihnen gelegene Altar und der den runden Platz mit den skulpierten
Grabstelen abschließende Plattenring.

In Menidi dauerte der Kult am Kuppelgrab bis ins 5. Jahrhundert, wie die Weihgaben
beweisen, die über dem bis zur Höhe des Türsturzes verschütteten Dromos lagen. Und
die mykenische Grabkammer südlich vom Portikus des Antigonos auf Delos wurde gar
noch in hellenistischer Zeit durch eine Mauer eingehegt und anscheinend durch einen Altar
ausgezeichnet. Es ist für die geschichtliche Beurteilung der mykenischen Kultur eine wich-
tige Tatsache, daß sich Kultstätten als 'Heroengräber' bis weit in die griechische Zeit hin-
ein erhalten haben.1)

4. DIE KERAMIK

In den vorangehenden Abschnitten hat sich,eine Reihe von Unterschieden zwischen
einzelnen Teilen des kretisch-mykenischen Kulturgebiets herausgestellt. Während sich in
Kreta bis auf wenige Ausnahmen nur unbefestigte Siedlungen finden, sind die wichtigsten
Siedlungsstätten des Festlands befestigt; die Wohnbautypen entwickeln sich in Kreta und
auf dem Festland in ganz verschiedener Weise; und auch einige Formen der Bestattung
kommen nur in Teilgebieten vor, z. B. Larnakes nur in Kreta; die sonst überall üblichen
Felskammern fehlen durchaus in Thessalien. Die sich so ankündigenden Kulturprovinzen
lassen sich schärfer umgrenzen, wenn man die Verbreitungskreise der wichtigsten Vasen-
gattungen feststellt; da uns von den verzierten Tongefäßen mehr als von irgendwelchen
andern Kulturerzeugnissen erhalten sind, ist in allererster Linie die vielgeschmähte Wissen-
schaft der Topfscherben dazu geeignet, die Unterschiede dieser Kulturprovinzen hervor-
treten zu lassen. Und schließlich ist eine Übersicht über die wichtigsten Vasengattungen des
heimischen Kulturgebiets deshalb nötig, um in der weiteren Untersuchung über die Ver-
breitung außerhalb der Heimat die verstreuten peripherischen Funde richtig einordnen zu
können.

In der folgenden Übersicht über die Verbreitungskreise der Keramik kann ich die zeit-
lichen Unterschiede der einzelnen Gattungen nur nebenbei berücksichtigen; soweit es mög-
lich ist, gebe ich nur die Fundschichten an, und verweise für die Einordnung in die zeit-

1) Es ist schade, daß Pfister in seinem Buche über Reliquienwesen im Altertum I 1909. II
1912 die archäologischen Tatsachen so wenig berücksichtigt hat.
 
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