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Fimmen, Diedrich
Die Kretisch-mykenische Kultur — Leipzig, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.9190#0047

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39

2. DIE WOHNBAUTEN

Wie die Siedlungsstätten von der physikalischen Beschaffenheit des Landes abhängig
sind, so versteht man die Bauten nur bei Kenntnis der Materialien, die das Land den Sied-
lern zum Wohnbau gab.

Das bergige Griechenland ist an Steinen reich; daher wurden seit ältester Zeit Bruch-
steine lokaler Herkunft zum mindesten zur Fundamentierung der Häuser verwendet; gute
und geeignete Steine wählte man zu Tür- und Torschwellen. Da im ganzen Lande der I
Kalkstein überwiegt, so sind die Kalksteinarten auch das bei weitem häufigste Baumaterial;
daneben tritt in besonderer Verwendung Schiefer und gelegentlich Basalt auf. In den großen
Palästen Kretas fällt ein neues Baumaterial auf, der Gipsstein, der noch in der Verwitte-
rung kreideweiß leuchtet, und dessen beste Varietäten dem Aussehen nach wohl mit Mar-
mor verglichen werden können. Auch in der Qualität des Baumaterials war Kreta an
der Spige.

Als Bindemittel kommt gelegentlich bei besonders reichen Bauten gelöschter Kalk
vor, der speziell zur Freskomalerei nötig war. Sonst diente als Mörtel gewöhnlich Lehm,
der jegt allerdings häufig aus den Mauern herausgewaschen ist. Lehmziegel, an der Luft l
getrocknet, waren trotz des Steinreichtums ein sehr beliebtes Baumaterial von Kreta bis
Thessalien; die Ziegel sind in der Regel sehr groß (48x36x10 cm ist in Gurnia ein
Durchschnittsmaß); manchmal ist der Lehm mit Häcksel durchseht. Gebrannte Ziegel sind
selten, aber doch an ein paar Stellen nachgewiesen, wo sie nicht erst durch einen Haus-
oder Stadtbrand gehärtet sein können. Die Lehmziegelwände wird man sich in der Regel
schon der Haltbarkeit wegen mit Kalk oder Gips bezogen denken müssen.

Viel seltener als Stein und Lehm ist Holz als Baumaterial nachzuweisen; und das
kommt weniger von der schlechten Erhaltung als von dem auf dem Boden Griechenlands
immer schon geringen Holzbestand. Zur besseren Haltbarkeit kommen Holzbalken in Lehm-
ziegel- und Bruchsteinmauern vor, gelegentlich auch Holzverklammerung der Quadermauern.
Ferner waren Säulen und Stügen aus Holz. Schilf und Rohr gehören zu den Materialien
der primitivsten Hütten, deren in einem Brand gehärteter Lehmbewurf uns ihre Spuren
erhalten hat. In der fortgeschritteneren Baukunst
wurde Rohr in Lehm-, Kalk- oder Gipsbettung zur
Deckenkonstruktion verwendet.

Die Wohnbauten unseres Kulturgebiets selbst
sind mannigfachster Art, von der einfachsten Stroh-
hütte bis zum kompliziertesten Palast; ihre bau-
liche Entwicklung ist in den legten Jahren von ver-
schiedenen Gesichtspunkten aus behandelt wor-
den1), leider meistens mit dem von vornherein

1) Dörpfeld, A. M. 1905 , 257ff.; 1907, 575ff.
Mackenzie, B. S. A. XI 181 ff.; XII 216 ff.; XIII 423ff.;
XIV 343ff. Bulle, Orchomenos 1907. Noack, Home-
rische Paläste 1903; Ovalhaus und Palast 1908 (gut
rezensiert von Bulle, Berl. phil. Woch. 1910, 1258ff.).
Fiechter, Art. 'Haus' in Pauly-Wissowas Realencyklo-
 
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