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Fimmen, Diedrich
Die Kretisch-mykenische Kultur — Leipzig, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.9190#0205

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197

In der Ornamentik werden die bekannten spätmykenischen Muster fortgebildet:1) Zickzack-
linien, Winkel, Schuppen, Spiralen u. ä., ferner schematische Pflanzen- und Tierdarstellungen.
Manchmal wird die Darstellung so schematisch und geometrisch, daß man sich an Dipylon-
vasen erinnert fühlt; Mackenzie hat die treffende Bezeichnung 'Metopenstil' dafür gefunden.2)
Er glaubt, diesen Stil eher von Mykenä als von Kreta herleiten zu können. Wenn man auch
zugeben muß, daß die geometrische Linearornamentik vom Festland aus den kretischen
Naturalismus in immer stärkerem Grade beeinflußt hat, so ist doch in der spätestmykenischen
Keramik der Koine auch auf Kreta Gebundenheit in festen Linearschemata üblich gewor-
den.3) Ich sehe daher in dem Stil für die lokale Herkunft der Philistervasen kein entschei-
dendes Argument, glaube aber so viel mit Sicherheit sagen zu können, daß diese Keramik
erst von der allerletzten mykenischen Keramik der Koine ihren Ausgang genommen hat.

Diese Tatsache ist eine neue Bestätigung der früheren Ergebnisse für die mykenische
Chronologie. In der Zeit Ramses' III. kurz nach 1200 taucht an den Grenzen Ägyptens ein
Volk auf, dessen Kulturstand eine Fortentwicklung der spätmykenischen Kultur darstellt
und so der rsubmykenischen' Kultur Cyperns entspricht. Denn, wie die Funde von Jehu-
dije mit voller Deutlichkeit erkennen lassen, ist schon im 12. Jahrhundert die Philister-
keramik zu ihrer eigenartigen, von der spätmykenischen abgeleiteten Ornamentik mit über-
wiegend geometrischen Mustern gelangt. Unter Ramses III. sind demnach die letzten Aus-
läufer der mykenischen Kultur anzusetzen.

F. DATIERBARE WECHSELSEITIGE EINWIRKUNGEN KRETISCH-
MYKENISCHER UND ÄGYPTISCHER KUNST

Eine Reihe mehr oder minder wichtiger Bestätigungen für die bisher gewonnene
Zeitbestimmung der kretischen und mykenischen Kulturperioden wird durch wechselseitige
Einwirkungen der kretisch-mykenischen und der ägyptischen Kunst gegeben. Da eine ganz
genaue zeitliche Präzisierung dieser Berührungen in der Regel unmöglich ist, können die
Ergebnisse der einzelnen Punkte dieses Abschnitts nur allgemeiner Art sein; als Prüfstein
der Richtigkeit der aufgestellten Daten sind sie jedoch wertvoll.

Gegenseitige Beeinflussung der kretisch-mykenischen und der ägyptischen Kultur hat
man in den verschiedensten Darstellungsformen der Kultur sehen wollen. Man hat die
religiösen Symbole und Ideen verglichen,4) man hat kretische Kultgeräte (Opfertafeln) von
Ägypten hergeleitet0) und eine starke Einwirkung der ägyptischen Architektur auf die kre-
tische Baukunst angenommen.6) Alle diese unsicheren und vor allem chronologisch schwer

1) Jedoch ist die Ornamentik keineswegs in stilistischer Hinsicht identisch mit der spät-
mykenischen, wie Oelmann, Jahrb. d. Inst. 1912, 46 A. 2 meint.

2) Mackenzie, Annual of the Palestine Exploration Fund II 1912/3, 10.

3) Ich erinnere an zahlreiche Larnakes, oben S. 145. Um nur ein paar Beispiele von kreti-
schen Vorläufern der Philisterkeramik zu nennen, zitiere, ich Mon. Ant. XIV Taf. 37 u. 38 (37, 2
auch oben Abb. 78) aus Phästos und B. S. A. IX 3l8f. Abb. 17—19; X 224 Abb. 7 aus Paläkastro.

4) Newberry, Liv. Ann. I 1908 , 24ff.; Hall, Proceed. of the Soc. of Bibl. Archaeol. 31
1909, 144ff.

5) Evans, J. H. S. 1897, 350ff. Abb. 25; rekonstruiert Scripta Minoa I 1909, 14 Abb. 7.

6) Hall, J. H. S. 1905, 320ff. Taf. 14.
 
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