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Fimmen, Diedrich
Die Kretisch-mykenische Kultur — Leipzig, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.9190#0145

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Das troische Depas amphikypellon erscheint in Orchomenos II (Athen, Nat.-Mus.)
und unter der Kykladenware von Syros (Athen, Nat.-Mus. 5245), und zu frühminoischen
Formen gibt es wirkliche Parallelen im troischen Kreis. In Troja kommt die 'Sauciere'
der Insel- und Marinakultur mit doppelseitigem Ausguß in Gold vor (Troja und Ilion
I 353,' Abb. 284; Schuchhardt, Schliemanns Ausgrabungen2 76, Abb. 47). Die jüngste Stufe
dieser Entwicklung fällt bereits in die Zeit der mykenischen Schachtgräber, wie zuerst
Reinecke (Mainzer Zeitschr. 1907, 53; vgl. Reisinger, Kret. Vas. 36) erkannt hat.

Der große Goldfund der zweiten Stadt steht den Goldfunden aus den Schachtgräbern
nicht nur stilistisch, sondern auch zeitlich schon nahe. Die allzu hohen Datierungen der
troischen Schichten durch Dörpfeld, H. Schmidt und Götze waren Versuche, die durch das
hinzugekommene Vergleichsmaterial überholt sind.

7. MYKENISCHE BRONZEZEIT AUF KRETA: 1. UND 2. SPÄTMYKEN1SCHE PERIODE
Während man in Kreta fortfährt, polychrome Keramik herzustellen, kommt durch
einige geniale Künstler neben dem alten ein gänzlich neuer Stil auf.1) Die Schönheit der
im Meere lebenden Welt wird mit einem Schlage entdeckt und dekorativ verwertet; auf
prächtigen Wandgemälden aus Knossos und aus der sog. Königsvilla in Hagia Triada sehen
wir das Treiben der Menschen und Tiere frisch wiedergegeben-); ohne pedantische Ge-
nauigkeit werden die Pflanzen und Bäume so dargestellt, wie sie in einem beliebigen
Augenblick einen momentanen Eindruck im Betrachter hervorbringen. Weibliche Statuetten
mit raffiniert entblößter Brust verraten eine üppige höfische Kultur.3) Auf Steatitgefäßen
aus Hagia Triada'1), auf den Goldbechern von Vaphio5) und den eingelegten Dolchen aus
Mykenäc), die alle kretische Arbeiten dieser Zeit sind, bewundern wir die Fähigkeit der
Künstler, das Organische in der Bewegung festzuhalten. Der Anteil der Ägypter an dieser
neuen Kunst ist gering; sie lieferten nur neuen Stoff und neue Techniken; das Wesent-
liche, die künstlerische Kraft, lag in den Kretern selbst.

Die Keramik des neuen naturalistischen Stils ist fast immer in 'mykenischer' Technik
mit schwarzer Glasurfarbe auf dem hellen Ton bemalt. Das feste Schema der Kamaresfarben
widersprach ja einer natürlichen Farbengebung. Aber es ist ein Irrtum, der schon zu vielen
Fehlschlüssen geführt hat, daß in der neuen Zeit die polychrome Malerei plötzlich aufge-
hört habe. VieteHf?eobachtungen zeigen, daß während der ganzen Periode, die der Schacht-
gräberstufe des Festlands entspricht (Evans' M. M. III und L. M. I) die bunte Ware weiter
hergestellt wird, wobei eine Beschränkung des Farbenvorrats (Rot, Orange, Weiß und
Schwarz) eintrat. Diese Nachkamaresware ist trotz mancher Eigentümlichkeiten des Stils,
der Technik und der Formen von der älteren Kamaresware (M. M. II, der Vorherrschaft des
polychromen Stils) nicht immer leicht zu scheiden. Wenn Motive des neuen Stils wie die
aufsprießenden Lilien eines kleinen Pithos (B. S. A. X 7 Abb. 1 = unserer Abb. 133) in der
alten Technik versucht werden, tritt die Beschränkung der Farben auf Weiß, und Schwarz

[1) Eindringen des neuen Stils in die Keramik z. B. B. S. A. XIX Taf. 9. 10.]

2) Die meisten dieser Fresken sind unpubliziert. 3) B. S. A. IX 74 ff. [A. J. A. 1915, Taf. lOff.J

4) Burrows, Discoveries in Crete 1907, Taf. 1. Mon. Ant. XIII Taf. 1—3.

5) Eph. 1889 Taf. 9. Arch. Jahrb. 1915 Taf. 9—12.

6) B. C. H. 1886 Taf. 1-3; Perrot-Chipiez, Hist. de l'art VI Taf. 17—19.

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