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Fimmen, Diedrich
Die Kretisch-mykenische Kultur — Leipzig, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.9190#0148

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140

Schrift ab.1) Wie in Knossos wird auch der Palast
von Phästos durch einen glänzenden Neubau er-
setzt, der jedoch in den Grundzügen (Fehlen jeg-
licher Ummauerung, Räume mit Pfeilerstellungen,
Kanalisation) unverändert bleibt.

8. MYKENISCHE BRONZEZEIT AUF DEM
FESTLAND: FRÜHMYKENISCHE PERIODE
In der ersten spätminoischen Epoche erreicht
Kretas Export, der zuerst wegen des Austauschs
vieler Güter Ägypten, wegen des Obsidians Melos
und wegen des Kupfers Kypros aufgesucht hat,
auch das Festland. Aus der Mehrzahl der Schacht-
gräber von Mykenä und aus einigen Kuppelgräbern
stammen kretische Vasen des 1. spätminoischen
Stils2), aus den jüngeren Kuppelgräbern Palast-
stilvasen; die meisten Kuppelgräber in Kakovatos-
Pylos, Tragana-Pylos, Vaphio und Kammergräber
in Theben stehen an der Grenze der 1. und 2. spät-
minoischen Periode.3) Neben zweifellos kretischen
Vasen stehen viele Gefäße des 1. und 2. spät-
minoischen Stils aus Mykenä, Kakovatos, Theben, Chalkis, Volo und anderen Orten, bei
denen es zweifelhaft bleibt, ob wir bereits festländische Arbeiten im kretischen Stil oder
Exportware aus noch unerforschten Orten Kretas vor uns haben; vgl. oben S. 92. Die poly-
chrome Keramik aus Tiryns, Mykenä, Eleusis-und Ägina (Mus. Inv. Nr. 1325, vom Aphrodite-
tempel) scheint wenigstens zum Teil kretische Nachkamaresware zu sein.

Die Fundtatsachen in den mykenischen Schachtgräbern zeigen uns, daß am Anfang
der spätminoischen Zeit verschiedene keramische Gattungen auf dem Festland und den
Inseln nebeneinander hergehen, welche die Marina- und Inselkultur allmählich verdrängen
und bis in die spätmykenische Zeit fortdauern. Diese sämtlichen unkretischen Gattungen
sind alle längst bekannt, aber alle ungenügend publiziert und behandelt; es sind haupt-
sächlich die früher sog. minysche Ware, die man nach ihrem Hauptfundort besser Orcho-
menosvvare (Gruppe BIV, oben S. 79 f.) nennt, und verschiedene Arten von sog. Mattmalerei,
in der man nach der Technik eine mit garnicht oder ganz wenig fixierten, schokolade-
schwarzen Farbmustern bemalte Gattung (Gruppe B II, oben S. 76f.) und eine häufigere mit
glasurbildenden Farbmustern unterscheiden kann. Neben diesen weitverbreiteten Arten
spielt die lokale Nachahmung der kretischen naturalistischen Ware im Umkreise Kretas auf
Melos und Thera eine geringe Rolle.4)

1) Evans, Scripta Minoa I 1912 57ff. [bestätigt durch die neuesten Funde von Tiiynsj.

2) Z. B. die Kanne (M. Th. Taf. XI 56 = unserer Abb. 74) und der Trichter (ebd. Taf. IV 14),
der mit Boyd, Gournia Taf. VII 39 zu vergleichen ist, s. unsere Abb. 136 und 135; das Muster eines
Trichters mit Zonen von hängenden Blättern aus Chalkis (Inst. Phot. Chalkis 95) kehrt genau auf
einem Trichter aus Paläkastro (B. S. A. IX 311 Abb. 9) wieder.

3) Vgl. K. Müller, Ath. Mitt. 1909, 321. 4) Vgl. Reisinger, Kret. Vas. Taf. IV 19, 21, 22.

Abb. 139. Vase des Palaststiles aus Kreta.
 
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