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Fimmen, Diedrich
Die Kretisch-mykenische Kultur — Leipzig, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.9190#0176

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168

Fundstücke des Alten Reiches

D. DATIERBARE ÄGYPTISCHE FUNDE AUS KRETISCH-
MYKENISCHEN FUNDSCHICHTEN

Die ältesten ägyptischen Funde auf Kreta geben leider für die Datierung der Kultur-
schichten keinen Anhaltspunkt, sollen jedoch, da sie gelegentlich zu chronologischen Folge-
rungen gedient haben, nicht unerwähnt bleiben. Im Palast von Knossos sind Bruchstücke
von drei Steingefäßen aus der Zeit des Alten Reichs gefunden worden. Zunächst kam unter
dem Schutt eines Vorratsraums, der Vasen der Übergangszeit zum spätminoischen Stil
enthielt, das kleine Fragment (3x6 cm) einer feinprofilierten Schale aüs ägyptischem
Diorit zum Vorschein, das sich zu einer typisch ägyptischen Schalenform ergänzen läßt;1)
der Typus ist in der 4. Dynastie häufig und geht kaum über die 6. Dynastie hinab. Ein
ganz ähnliches Exemplar aus dem Grab des Königs Snofru der 4. Dynastie bildet Evans
ab (Abb. 73); ein anderes aus der Mastaba des Kamena aus El Kab, auch aus der 4. Dy-
nastie, darf ebenfalls verglichen werden.2) Dann wurde an der Ostabdachung des Palast-
bezirks in umgewühlter Erde nahe bei Vorratskammern, die mittelminoische Keramik ent-
hielten, ein ebenfalls sehr kleines Bruchstück (3x4 cm) einer ähnlich profilierten Schale
aus äolischem Liparit gefunden, die wieder die für die 4. ägyptische Dynastie charakteri-
stische Form hat und daher wohl in Ägypten gemacht worden ist;3) Rohmaterial von äoli-
schem Liparit wurde allerdings sowohl im Palast von Knossos4) wie in Gräbern der ersten
Dynastien Ägyptens5) gefunden. Schließlich ist im südwestlichen Palastteil nahe beim so-
genannten Altarhof in nicht näher bestimmbarer Umgebung ein etwas größeres Gefäß
(Höhe 12 cm) aus ägyptischem Syenit gefunden worden, das der Form nach auch dem
Alten Reich angehören muß.6) Ähnliche Gefäße sind z. B. aus Hierakonpolis und aus Den-
dere (6. Dynastie) bekannt.7)

Nun sind Steingefäße unvergänglich und gewiß oft viele Jahrhunderte nach ihrer Herstel-
lung noch gebraucht worden. So ist es erklärlich, daß solche des Alten Reiches in Knossos
in mittel- und spätminoischer Umgebung vorkommen, während nach der Reihe kretischer
Funde in Ägypten und nach den gleich zu besprechenden Funden von Steingefäßen in
Mochlos und Pseira mit dem Alten Reich die frühminoische Kultur zeitlich zusammenfällt.
Man darf keines der drei Gefäße für die zeitliche Festlegung seiner Fundschicht verwerten.8)

Eine der größten Überraschungen der letzten Jahre war die Aufdeckung der zahl-
reichen prachtvollen Steingefäße in frühminoischen Schichten und Gräbern von Pseira und
besonders von Mochlos. Da diese ohne Vorstufen plötzlich in höchster Vollendung der
Form auftauchen, ist die Annahme unumgänglich, daß einige Modelle von Ägypten, wo
die Steintechnik früher und vollkommener bekannt war, hinübergekommen sind. Die Mehr-

1) Evans, B. S. A. VIII 121 f. Abb. 72. 2) E. R. A. 3, Quibell, El Kab Taf. 3, 2 Mitte.

3) Evans, B. S. A. VIII 122ff. Abb. 74.

4) Mosso, Origini della civiltä mediterr. 1910, 285 Abb. 80.

5) Excav. at Phylakopi S. 247. 6) Evans, B. S. A. IX 98f. Abb. 67.

7) E. R. A. 5, Quibell and Green, Hierakonpolis II Taf. 30, 5; E. E. F. 17, Petrie, Dendereh,
Taf. 21 oben.

8) Evans zählt unberechtigterweise in seinem Essai de Classification die Syenit- und die
Dioritvase zu den Funden der 1. frühminoischen Periode.
 
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