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Fimmen, Diedrich
Die Kretisch-mykenische Kultur — Leipzig, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.9190#0046

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38

Volksdichtigkeit

Abb. 27. Mauer von Miclea.

Beide Folgerungen gehen zu weit. Die kretische Seemacht, für die wir jetzt allmählich genug
Beweise haben, erklärt die Mauerlosigkeit genügend; England hat im Innern des Landes
auch keine Festungen.

. Überblickt man zum Schluß noch einmal das Gesamtgebiet der kretisch-mykenischen
Fundplätze, so wird man zu einem Urteil über die Volksdichtigkeit in den verschiedenen
Gegenden verlockt, das bei unserm Material auf alle Fälle verfrüht sein muß. In einigen
Gegenden war die Besiedlung aber bestimmt sehr dicht; im neolithischen Thessalien liegen
wiederholt mehrere Dörfer ganz nahe beisammen; eine Wegstunde um Kumasa auf Kreta
herum lagen in frühminoischer Zeit sieben volkreiche Ansiedlungen; auch daß schon die
frühminoischen Siedler bis ins Hochgebirge und auf die Inselchen an der Küste vordrangen,
spricht für dichte Bewohnung. Und die Zukunft kann das Fundmaterial nur vermehren.

Die meisten der mykenischen Siedlungen sind in der Folgezeit weiterbesiedelt wor-
den. Das ist auch natürlich. Denn viele Siedlungsanlagen sind mehr von der Natur prä-
destiniert als von Menschen geschaffen, andere sind durch künstliche Herrichtungen, durch
Anschüttung, Terrassierung, Wasserzuführung, vor ihrer Umgebung bevorzugt. So finden wir
auch nach einem Bruch in der Kulturentwicklung und einem Wechsel der Völker die neuen
Siedler an den alten Stätten wieder. Die weitgehende Übereinstimmung der mykenischen
Fundplätze mit den Orten des Achäerkatalogs Homers1) kann daher nicht zu einem Beweis
für das Alter Homers werden; auch in homerischer Zeit waren alle diese Orte noch bewohnt.

1) Thompson, Liverpool Annais of Archaeology and Anthropology IV, 1912, 128 ff.
 
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