Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Fimmen, Diedrich
Die Kretisch-mykenische Kultur — Leipzig, 1921

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9190#0045

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


Folgerungen aus der Siedlungsweise

37



Abb. 26. Mauer von Gla im Kopaissee.

Hügelkuppe innerhalb der Ringmauer; die Nekropole von Chalandriani auf Syros, bei der
Schuchhardt die offej^^i^ung annimmt, liegt nicht am Fuße des Burgbergs, sondern durch
eine tiefe Schlucht von ihm getrennt; und gar in Siphnos ist es ein direkter Irrtum, die bei
den Gräbern von Akrotiraki an der Platialosbucht angenommene Siedlung als am Fuße des
H. Andreasbergs bei Apollonia gelegen zu bezeichnen. Überall finden sich die ältesten
Siedlungsspuren im Innern der Burgen selbst, nicht in ihrer Umgebung. Und nur in Aus-
nahmefällen, wie bei der weiträumigen Befestigungsanlage von Gla, die nach den Grabungs-'
ergebnissen nie in ihrem Gesamtgebiet bewohnt war,.und bei der Ausdehnung des Mauer-
rings auf die Unterburg von Tiryns wird man von Fluchtburgen sprechen dürfen. Im übrigen
bilden die geschlossenen befestigten Siedlungen des griechischen Festlandes und der Ky-
kladen eine charakteristische Siedlungsform im Gegensatz zu Kreta, wo die offene Siedlung
herrscht und höchstens ein Wächterposten in Phästos oder eine Mauerverstärkung am Ein-
gang des knossischen Palastes als einzige Befestigungsanlagen genannt werden.1)

Die Mauerlosigkeit der Siedlungen Kretas im Gegensatz zu denen des Festlands hat
zu den weitesten ethnologischen Schlüssen über die Völkerverteilung Veranlassung gegeben.
Montelius meint, die Kreter seien auf dem Festland als Fremdherrscher aufgetreten und
hätten Zwingburgen gegen die Urbevölkerung gebaut2); Kornemann dagegen nimmt auf
dem Festland Verschmelzung zwischen Eingeborenen und Eingewanderten an, die die Sied-
lungsweise hinter Mauern beibehielten, während in Kreta eine gewaltsame Eroberung statt-
fand, nach der das alleinherrschende griechische Element die Mauern überflüssig fand.3)

1) Nur auf hohen Bergen, H. Georgios im Lasithihochland (Mon. Ant. IX 407ff.), auf dem Iuktas-
berg (ebd. 350ff.) und in Axos (ebd. 307ff.) gibt es noch Befestigungen; nach mündlicher Mitteilung
Herrn Mackenzies gehen die des Iuktasberges in mittelminoische Zeit zurück.

2) Comptes rendus du congres d'archeol. d'Athenes 1905, 208. 3) Klio VI, 1906, 174.
 
Annotationen