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Flechsig, Eduard
Albrecht Dürer: sein Leben und seine künstlerische Entwickelung (2. Band) — Berlin: G. Grote'sche Verlagsbuchhandlung, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.30442#0162

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138

Die Zeichnungen

jenseits des Weihers und rechts vorn sind Lücken. Man könnte ver-
muten, daß Dürer durch die einbrechende Nacht an der Weiterarbeit
verhindert worden sei.
Die Weidenmühle L. III, 331 in der Nationalbibliothek
in Paris. Bemerkenswert ist, daß Dürer hier nicht Papier, sondern
Pergament verwendet hat. Das spricht dafür, daß wir hier keine bloße
Studie, sondern ein sorgfältig durchgebildetes fertiges Kunstwerk vor
uns haben. Nach der nur einfarbigen Nachbildung hei Lippmann kann
man leider nicht beurteilen, ob sich die Weidenmühle sehr von den
beiden frühesten, offenbar 1494 entstandenen großen Ansichten der
Häuser um die Johanniskirche und der Drahtziehmühle unterscheidet.
Das scheint allerdings zu sein. Insbesondere der große Baum vorn
macht den Eindruck, als sei Dürer schon von der Darstellung der ein-
zelnen kleinen Laubbüschel zum Zusammenfassen des Laubes in
großen Massen, vom Sehen von Einzelheiten zum Sehen des Ganzen
fortgeschritten. Wenn die einfarbige Nachbildung nicht täuscht, ist
die Weidenmühle von den Nürnberger Ansichten die vollendetste. Ich
setze sie versuchsweise um 1503 an.
Ebenfalls auf Pergament gemalt sind die beiden großen Baum-
studien, die d r e i L i n d e n in Bremen L. II, 102 (mit der von frem-
der Hand hinzugesetzten Jahreszahl 1526) und der Lindenbaum
auf einer Bastei L. II, 162 (mit unechtem Zeichen), ehemals
in der Sammlung des Ritters von Franck in Graz. Sie sind wohl in
kurzem Abstand voneinander entstanden, der Baum auf der Bastei
vielleicht zuerst. Wahrscheinlich sind sie der Weidenmühle mit ihrem
großen Baum vorangegangen.
Die Naturstudie einer F i c h t e in London L. III, 221 bringt man
am besten in Verbindung mit dem Fichtengehölz am Weiher L. III,
219. Man könnte sich denken, daß Dürer den Aufenthalt dort benutzt
hat, um eine von den Fichten noch einmal einzeln in größerem Maß-
stab zu malen.
Nicht vor der Natur, wie alle bisher besprochenen Landschafts-
aufnahmen, sondern zu Hause gemacht hat Dürer den Trocken-
steg beim Hallertürlein in Nürnberg L. V, 462. Er muß
dazu eine Naturstudie vielleicht in Metallstift verwendet haben. Es
ist eine sorgfältige Federzeichnung mit Benutzung des Lineals, die er
mit Wasserfarben getuscht hat, eine Technik, die er immer gern, be-
sonders in den Jahren 1500—1505 angewandt hat. Man wird dabei
erinnert an Zeichnungen wie die Kostümblätter von 1500 in der Alber-
 
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