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I ER Name Lucas van Leyden hat Klang, ruft aber zumeist nicht
H das Echo einer bestimmten Anschauung hervor. Echt und
inhaltsreich ist die Popularität des Meisters nur bei den Samm-
lern und Liebhabern des Kupferstichs, die seine kostbaren, in guten
Drucken seltenen Blätter in hohen Ehren halten. Allenthalben, nament-
lich in Italien, schänden Malereien, die ihm mit Unrecht zugeschrie-
ben werden, seinen Namen und verwirren die Vorstellung. Und wo
wäre das Gemälde, das mit überragenden Eigenschaften und scharf
geprägtem Charakter für seine Ehre eintreten könnte? Die Kupfer-
stiche in langer lückenloser Reihe, beglaubigt durch die Signatur und
in großer Zahl mit Daten versehen, lehren den Zeichner kennen.
Wenn wir uns, so vorgebildet, zögernd dem Malwerke nähern, kommt
van Manders Bericht der stilkritischen Bemühung zu Hilfe.
Carel van Mander, der um 1600 seine leider mageren Lebensbe-
schreibungen mit ehrlichem Wollen zusammenstellte, wird, da er auf
Lucas zu sprechen kommt, fast redselig. Dem Andenken des verehrten
Kupferstechers zuliebe hat er sich eifrig und erfolgreich in Leyden bei
den Nachkommen des Meisters um Nachrichten bemüht und hat wohl
so ziemlich alles aufgefangen, was an Tradition noch zu fassen war.
Im Jahre 1494, erzählt van Mander, kam Lucas zur Welt als ein
Sohn des tüchtigen Malers Huig Jacobsz, von dem er die erste Unter-
weisung empfing. Er war schwachen Leibes, kleiner Gestalt, uner-
müdlich in der Kunst vom Knabenalter an. In der Vaterstadt blieb
er bis zu seinem frühen Ende tätig. Nur von einer Reise weiß der
Biograph, die sein Held 1527 in Gesellschaft Jan Gossaerts durch die
Niederlande unternommen habe. Daß Lucas 1521 sich in Antwerpen
aufhielt, wissen wir aus Dürers Reisetagebuch. Der Tod des hollän-
dischen Meisters trat schon 1533 ein.
Unter den Kupferstichen ist ein Hauptblatt, Mohammed und der
zW getötete Mönch, 1508 datiert. Lucas stand im 15. Lebensjahr, als er
diesen Kupferstich ausführte, der in mancher Hinsicht auf der Höhe
ist und von späteren Arbeiten nicht übertroffen wird. Die Frühreife
erscheint so außerordentlich und unwahrscheinlich, daß von hier aus
Angriffe auf das überlieferte Geburtsdatum immer wieder eröffnet
werden. Alle Versuche aber, das Datum umzustoßen, gleiten ab.
Wenn van Mander sagt, Lucas wurde 1494 Ende Mai oder Anfang
Juni geboren, so spricht die vorsichtige Genauigkeit für die Richtig-
 
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