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y%72 P%?2

IE Stimmen aus dem 16. Jahrhundert sind sich einig über Jan
B van Scorel und verkünden laut seinen Ruhm und —, womit
R. er diesen Ruhm erlangt habe. Dagegen ist das Urteil in der
neueren Literatur voll Zweifel und Kritik, da die von den Zeitgenossen
gepriesene Errungenschaft dieses Malers in ihrem Werte fragwürdig
geworden ist. Unsere Verehrung der niederländischen Malkunst ist so
uneingeschränkt, daß Scorels entschiedene und bewußte Abwendung
von der Überlieferung zunächst als gefährliche Entwurzelung erscheint.
In der jüngsten Zeit freilich regt sich die Neigung, das Positive in des
Romfahrers Leistung mitzuempfinden, wie ein Aufsatz von Frl. Dr.
Ring erkennen läßt (Kunstchronik vom 17. Mai 1918). Die gesteigerte
Wissenschaftlichkeit macht empfänglich nach allen Seiten. Indem das
Werden in seiner Notwendigkeit von wachsender Einsicht immer bes-
ser erhellt wird, fordert jegliches Gewordene Anerkennung. Hinter
dieser Objektivität mag freilich die Subjektivität des modernen Ge-
schmackes lauern, für den Scorels 'Manier' ihre Schrecken verloren
hat. Als vor etwa 40 Jahren der Altar in Obervellach bekannt wurde, 264
stellte man das vor dem Sündenfall entstandene Werk ohne weiteres
weit über alle späteren Schöpfungen Scorels. Und da das entlegene
Triptychon von Wenigen geprüft wurde, blieb ihm in der kompila-
torischen Literatur ein überschätzendes Vorurteil anhaften. Frl. Ring
wendet ihre Kritik gegen das Jugendwerk mit der Tendenz, den Wahn
zu zerstören, als ob der Meister auf italienischem Boden ererbtes Gut
von unschätzbarem Werte gegen ein Phantom vertauscht habe. Wirk-
lich erscheint der Stil des Obervellacher Altars zwiespältig und der
Auflösung nahe. Man spürt die Leere und die Bereitschaft, fremde
Ideale zu empfangen.
Jan van Scorel kam am 1. August 1495 in dem Dorfe Schoorel bei
Alkmaar zur Welt. Er lernte bei einem uns unbekannten Haarlemer
Maler Willem Cornelisz (richtiger: Cornelis Willemsz)* und darauf
zu Amsterdam bei Jacob Cornelisz. Unruhige Unzufriedenheit mit P42-244
der heimischen handwerklichen Übung trieb ihn zu Jan Gossaert, der
sich damals — um 1515 — in Utrecht auf hielt und mit seinen italie-
nischen Erfahrungen als der Bahnbrecher galt. Weiter wurde Scorel
von Reiselust und lernbegieriger Sehnsucht nach Neuem südwärts
* Bevor er zu Willem Cornelisz. kam, war er vielleicht bei Cornelis Buys zu Alkmaar
in der Lehre, vgl. Friedländer, DM XII, 1935, S. 119.
 
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