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Das Grabmal der Cardinäle Amboise zu Rouen.

Vom Jahre 1516 an begann man die notwendigen Materialien in der Werkstatt zu sammeln und vor-
zubereiten. Man kaufte in diesem Jahre bei einem gewissen Duvanrosay in Dieppe für 847 Livres 10 Sous
Alabaster und bezahlte den Cubikfuss mit 4 Livres. Im Juni 1520 war man so weit, dass man den ersten
Stein zu dem Grabmal legen konnte. In der Mitte des Jahres 1521 war die Masse des Denkmals an seinem
Platze, das aber erst am 3. Januar 1525 von den Bildhauern vollendet wurde.

Von 1520 bis 1521 waren bis achtzehn Maurer oder Steinmetzen an dem Denkmal beschäftigt, und
diese Zahl verringerte sich nach und nach bis auf vier. Sie wurden mit fünf Sous pro Tag bezahlt. Die
Zahl der Bildhauer, die anderswo ymaginiers genannt werden, wechselte zwischen acht und zwei, und sie
erhielten zwischen sechs und sieben und einen halben Sous Tagelohn. Ein einziger unter ihnen, der wahr-
scheinlich ihr Meister oder der geschickteste von ihnen war, erhielt für sich und einen Diener zwanzig Sous
pro Tag. Er nannte sich Pierre Desaubeaulx oder Desobeaulx und war aus Rouen gebürtig. Nach ihm
wird Reynaud Therouyn, Jean Cbaillou, Andre der Flamländer, Mathieu Laignel, und Jehan von Rouen
genannt. Der letzte wird nur einmal genannt und als solcher, der eine Statue aus dem Rohen gearbeitet
habe. — Pierre Desaubeaulx, Reynaud Therouyn und Andre der Flamländer erscheinen auf allen Rech-
nungen bis zum Ende der Arbeit. Mathieu Laignel und .lean Cbaillou waren früher abgedankt worden.
Die Arbeiter wurden im Tagelohn und nicht nach dem Stück bezahlt; leider findet man in den Rechnungen
nicht die Sculpturarbeiten bezeichnet, die unter dem Meissel eines Jeden hervorgingen. Indessen glaubt
Deville aus gewissen Anzeichen und nach Vergleichung mit andern bekannten Arbeiten annehmen zu müssen,
dass Pierre Desaubeaulx die Figuren der Apostel im oberen Theile des Grabmals, Reynaud Therouyn und
Andre der Flamländer die kleinen Figuren der Basis gearbeitet haben.

Zwei Maler aus Rouen, die ihr Talent bei der Decoration des Schlosses Gaillon in den Jahren 1508
und 1509 gezeigt hatten, Richard Duhay und Leonard Feschal wurden mit den Malereien am Grabmal be-
auftragt und mit hundertachtzig Livres Währung bezahlt. Am 8. Juni 1521 gaben sie ihre Endquittung.
Die Gesammtkosten betrugen 0,952 Livres 16 Sous und 4 Deniers d. i. um die Hälfte mehr, als der Cardinal
ausgesetzt hatte.

Das Grabmal hat seinen Platz in der Capelle der h. Jungfrau zwischen den beiden südlichen Pfeilern
der Travee, die der Apsis zunächst liegt; es lehnt sich gegen die Wand, und besteht aus einem reichen
Unterbau von Marmor, der die Statuen der Cardinäle trägt. Diese Statuen heben sich von einem reich-
sculpirten Hintergründe ab, der aus Nischen von Alabaster besteht, die in Halbkuppeln enden; darüber
befindet sich ein Gebälk, das eine Art Attike trägt, die von kleinen Thürmchen und durchbrochen ge-
arbeiteten Verzierungen von pyramidaler Anordnung gekrönt wird.

Der Unterbau stützt sich auf einem Sockel aus Kalkstein; er wird von zwei über Eck gestellten Pilastern
begränzt, deren Schäfte mit Arabesken verziert sind; eben so die sieben anderen kleineren Pilaster, die die
Wandfläche des Unterbaues decoriren. Letztere erheben sich auf einer feinprofilirten Basis aus schwarzem
Marmor; dieselbe Basis haben auch die grossen Eckpilaster. Die Arabesken sind an sämmtlichen Pilaster-
schäften verschieden und enden jedesmal in einem Consol, das die Figur eines betenden Mönchs trägt.
Die Capitelle dieser Pilaster tragen Consolen, die mit phantastischen Thieren, die Schilde halten, decorirt
sind. Diese Consolen unterstützen ihrerseits ein Kranzgesims, das den Rand einer Tafel von schwarzem
Marmor bildet, auf der die Statuen der Cardinäle stehen.

Folgende Inschrift ist in goldenen Lettern darauf gravirt:

PASTOR. ERAM. CLERI. POPULI. PATER. AUREA. SESE.

LIMA. St'BDEUAM. QtERCUS. ') ET. IPSA. MICHI.

MORTUIJS. E.V. JAOEO. MORTE. E XTISGÜNTÜR. HONORES.

AT. VIRTUS. MORTIS. NESCIA. MORTE. VIRET.

Zwischen den Pilastern des Unterbaues sind Nischen angeordnet, deren sphärischer Schluss mit einer
dem Renaissancestyl gewöhnlichen muschelartigen Verzierung versehen ist. In diesen Nischen befinden sich
marmorne Statuetten von halber Lebensgrösse, die die theologischen Tugenden darstellen, nämlich um von
der Linken anzufangen, der Glaube, in der einen Hand einen Kelch, in der anderen ein Buch haltend (siehe

1. der Tafel I); zweitens die Barmherzigkeit, die zum Emblem ein Kreuz und ein Herz hat; drittens

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*) Eine Anspielung auf den Einfiuss, den Georg von Amboise auf den französischen und auf den römischen Hof hatte. Die
Lilie geht auf den ersteren , die Eiche auf Pabst Julius II, dessen Familienname Rovere d. i. Eiche, war. Deville theilt
noch zwei andere Inschriften mit, deren alten Ort man nicht kennt; die eine von ihnen ist in der Form eines Gespräches
zwischen einem Reisenden und Frankreich abgefasst.

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