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Die Gartenkunst — 14.1912

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Zur Tagesgeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0056

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48

DIE GARTENKUNST.

XIV, 3

in Angriff genommen. So wird die „Station für gärtnerische
Pflanzenzüchtung“ im Frühjahr ihre praktischen Arbeiten in
Angriff nehmen, und das neuerbaute Wurzelbeobachtungshaus,
das in seiner Bauart von der Bauart, die bisher meist üblich
war, abweicht, besetzt werden. Gemüsekulturen unter Glas
nach holländischem Muster werden im Frühjahr aufgenommen,
und die Park- und Zieranlagen durch Hinzufügung neuer Teile
ergänzt werden. Zur Erntezeit wird auch die große und gut
ausgestattete Obst- und Gemüseverwertungsstation ihren prak-
tischen Betrieb und ihre Versuchstätigkeit aufnehmen. Die
Umgestaltung der feldmäßigen Obst- und Gemüsekulturen,
sowie der Baumschulen ist ebenfalls vorbereitet. Die Auf-
nahme neuer Schüler erfolgt nur noch im Frühjahr.

Eine Gartenbauausstellung zum Regierungsjubiläum des
Kaisers. In der letzten Sitzung des Gesamtpräsidiums der
deutschen Gartenbaugesellschaft, zu deren Präsidenten jetzt
Geheimrat Dr. H. Thiel, der frühere Ministerialdirektor im
Landwirtschaftsministerium, gewählt worden ist, wurde ange-
regt, im Jahre 1913 gelegentlich des 25jährigen Regierungs-
jubiläums unseres Kaisers eine große nationale Gartenbauaus-
stellung zu veranstalten.

Einigungsbestrebungen im deutschen Gartenbau.

Außerordentlich umfangreich, außerordentlich vielseitig
und außerordentlich wichtig ist das Gebiet des Gartenbaues.
Dementsprechend sind auch die Berufsklassen, denen der Garten-
bau, Erwerb und Existenzmöglickeit bietet in viele Sonder-
gruppen geteilt, je nachdem die Tätigkeit der Einzelnen sich
auf das eine oder andere Gebiet erstreckt. Es ist ganz natür-
lich, daß sich hier Vereinigungen gebildet haben, die nun
irgend ein Sondergebiet dieser großen Gesamtheit umfassen
und im Besonderen bearbeiten. Es werden hierbei bald wirt-
schaftliche, bald fachliche oder auch sonstige Interessen dieses
Sondergebietes vertreten. Es ist auch auf diesen Sonderge-
bieten tüchtiges und anerkennenswertes geleistet worden. Ich
erinnere an die bedeutenden Leistungen des Verbandes der
Handelsgärtner Deutschlands auf wirtschaftlichem Gebiete, an
die rührige und wertvolle Arbeit des deutschen Pomologen-
Vereins auf dem Gebiet des praktischen Obstbaues, an die
unermüdliche und erfolgreiche Arbeit der deutschen Gesellschaft
für Gartenkunst auf dem Gebiete der Gartengestaltung, an die
energische zielbewußte Arbeit, die der Bund der Baumschul-
besitzer in so kurzer Zeit zu leisten wußte, ich erinnere an
die fleißige Arbeit die von Spezial-Vereinen auf dem Ge-
biet der Rosen- und Blumenzucht etc. geleistet wurde. Sehr
vieles ist in diesen Sonder-Vereinen geleistet worden und
die Vereinigungen haben sich aus den jeweiligen Verhältnissen
heraus entwickelt, sie sind gesund und lebensfähig und deshalb
daseinsberechtigt.

Hierbei ist es aber gar sehr zu verwundern, daß es
keine Stelle gibt im deutschen Gartenbau, wo alle diese Sonder-
bestrebungen in einem Knotenpunkt zusammenlaufen. Es ist
höchst erstaunlich, daß der Gartenbau, der so viele Existenzen
ernährt, der eine so große Bedeutung in unserem wirtschaft-
lichen Leben hat, so schlecht und so mangelhaft als Gesamtheit
nach außen hin, der Regierung und der Allgemeinheit gegen-
über vertreten ist.

All die genannten Gruppen und Vereinigungen, auch nicht
die größten, können für sich allein das Recht in Anspruch
nehmen, die berufenen Vertreter des Gartenbaues zu sein, alle
vertreten mehr oder weniger Sonderinteressen und eine aus-
gleichende Zentralstelle als zuständige Vertreterin der Gesamt-
interessen des Gartenbaues der Regierung und der Allgemein-

heit gegenüber gibt es nicht. Auch die Einrichtung einer
Gartenbaukammer, analog der Landwirtschaftskammer ist bis-
heran nicht gelungen.

Die Folgen dieser Zerrissenheit sind denn auch allent-
halben zu sehen, man beachte z. B. die Schutzzollgesetze für
den Gartenbau. Ist es möglich, Lasten und Vergünstigungen
ungleichmäßiger zu verteilen, als dies jetzt der Fall ist? Man
betrachte ferner einmal das große und wichtige Gebiet des
Ausstellungswesens. Welche Zerrissenheit und Planlosig-
keit in Bezug auf Veranstaltung und Durchführung herrscht
auf diesem Gebiet, wie einseitig werden hier Sonderinteressen
vertreten, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, was andere
Gruppen unternehmen und Vorhaben. Zum Beweis dessen
ist es nur nötig die Tagesgeschichte zu studieren. Breslau
kündete im vergangenen Monat eine große, nationale Garten-
bau-Ausstellung unter dem Protektorate des Kronprinzen an, aus
Anlaß der Jahrhundertfeier der Freiheitskriege. Soeben lese ich,
daß in demselben Jahre in Berlin eine große nationale Garten-
bau-Ausstellung gelegentlich des25 jährigen Regierungsjubiläums
unseres Kaisers stattfinden soll. Leipzig plant seit längerer Zeit
eine ganz bedeutende internationale Baufach-Ausstellung für
dasselbe Jahr, in welcher Park- und Gartenanlagen in um-
fassender Weise beteiligt sein sollen und bis das Jahr zu
Ende ist, erleben wir vielleicht noch mehr derartiger Projekte.
Ist es nicht offensichtlich, daß die Durchführung all dieser
Projekte nebeneinander nicht möglich ist, ohne daß man sich
gegenseitig schädigt!

Ich erinnere ferner an unser Fachschulwesen, welches
sehr reformbedürftig zu sein scheint, ich erinnere an die ver-
schiedenen Handelsgebräuche, welche einer einheitlichen Re-
gelung harren usf. Wenn man auf die, in Folge dieser Zer-
splitterung entstandenen Unzuträglichkeiten näher eingehen
wollte, so könnte man wohl ein kleines Buch schreiben.

Daß man nun allgemach einzusehen scheint, daß ein
solcher Zustand der Zersplitterung einer so großen und wich-
tigen Erwerbsklasse unwürdig ist, daß er ihren Interessen und
ihrem Ansehen schadet, erscheint wohl als Keim einer Ge-
sundung.

So haben denn Vertreter der „Deutschen Gesellschaft für
Gartenkunst“, des „Deutschen Pomologen-Vereins“, des „Bundes
der Handelsgärtner Deutschlands“, des „Verbandes der süd-
deutschen Handelsgärtner“, des „Bundes der deutschen Baum-
schulenbesitzer“ und der „Fachpresse“ nach öfteren Vorbera-
tungen am 6. Januar d. J. in Bonn unter dem Vorsitze des
Freiherrn v. Solemacher getagt, um den Versuch zu machen, diese
Einigkeitsbestrebungen einem greifbaren Ziele entgegenzu-
führen.

Um das Vorhaben zu verwirklichen ist zunächst eine
„Gartenbauwoche“ in Bonn geplant und zwar für die Zeit vom
8.—13. Juli d. J. Die großen Vereine werden während dieser
Zeit ihre Jahres-Versammlungen in Bonn halten oder wo dies nicht
möglich, doch Vertretungen nach dort senden. Am 11. Juli
findet dann eine gemeinsame Tagung all dieser Verbände statt,
es soll dies sein „der erste deutsche „Gärtnertag“. Hier soll
die erwünschte Annäherung der verschiedenen Berufsgruppen
angebahnt werden und über die gemeinsamen Interessen eine
Aussprache stattfinden. Hoffentlich mit einem praktischen
Endergebnis.

Den Gruppenvorständen unserer Gesellschaft ist das aus-
führliche Protokoll der Bonner Vorversammlung zugegangen
und somit ist den Mitgliedern der Gesellschaft in den nächsten
Gruppensitzungen Gelegenheit gegeben, zu dieser höchst wich-
tigen Angelegenheit Stellung zu nehmen und durch rege und
tätige Mitarbeit das für den Gartenbau so bedeutsame Vorhaben
zu fördern. Reinhold Hoemann.

Für die Redaktion verantwortlich: Gartenarchitekt R. Hoemann, Düsseldorf-Grafenberg. Selbstverlag der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst.

Druck der Königl. Universitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg.
 
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