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Die Gartenkunst — 14.1912

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Heicke, C.: Die deutsche Naturschutzparkbewegung
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Pallmann, Kurt: Die Landauerstraße in Berlin-Wilmersdorf: die Garten in der Großstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0078

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70

DIE GARTENKUNST.

XIV, 5

Zerstörung entgangene, unantastbare Naturreservate zu
schaffen, die leicht den Charakter von Schaustücken
und Besuchsobjekten annehmen könnten, als vielmehr
überall dem Menschen, soweit es überhaupt noch mög-
lich ist, eine ungeschändete heimatliche Natur wieder-
zugeben und ihn zum Respekt vor ihr und zur Würdi-
gung ihrer Schönheit zu erziehen. Ich meine, daß das
eine das andere nicht auszuschließen braucht. Jeden-
falls ist die Lüneburger Heide ein Naturdenkmal aller-
ersten Ranges, und es kann nicht bestritten werden,
daß die dauernde Erhaltung ihres schönsten charakte-
ristischen Teiles in dem Umfange, wie es hier geschehen
ist, ein Beispiel von Heimatschutz- und Naturdenkmal-
pflege großen Stils ist, wie man es unter den heute in
Deutschland bestehenden Verhältnissen bis vor kurzem
noch für unmöglich gehalten hat, und man sollte den
Männern, welche sich mit so überraschendem Erfolg
an die Lösung dieser Aufgabe begeben haben, den
wärmsten Dank zollen und nicht über untergeordneten
Fragen das große Ziel aus den Augen verlieren.

Nachschrift.

Inzwischen ist aus Heft 2, Jahrgang 7, der Mit-
teilungen des Bundes Heimatschutz bekannt geworden,
daß das Kriegsbeil zwischen diesem und dem Verein
Naturschutzpark begraben worden ist. Der Schriftführer
des letzteren hat in einer längeren Erklärung zu den An-
griffen des Herrn Prof. Dr. Kumm auf der Danziger
Vertreterversammlung des BundesHeimatschutz Stellung
genommen und dargelegt, daß die von Prof. Dr. Kumm
beanstandeten Äußerungen einzelner Freunde des Natur-
schutzparkgedankens deren persönliche Ansichten wie-
dergegeben haben, für die der Vorstand des Vereins
Naturschutzpark nicht verantwortlich zu machen sei; er
hat des weiteren die Auffassung des Vorstandes über
die strittigen Punkte klar formuliert, und der Bund
Heimatschutz hat daraufhin seine Stellungnahme zu den
Bestrebungen des Vereins Naturschutzpark in einem
Beschlüsse festgelegt, der folgenden Wortlaut hat:

„Der Bund Heimatschutz, der den Schutz der Natur
nach § 1 seiner Satzungen zu seinen vornehmsten Auf-
gaben zählt, hält die Einrichtung von Naturschutzgebie-
ten für durchaus wünschenswert, wenn es sich darum han-
delt, Gelände mit wesentlich ursprünglichen Verhältnissen
zu erhalten. Die Größe dieser Reservate kann nicht von
vornherein nach bestimmten Maßen festgelegt werden.“

„Der Bund ist daher bereit, die Bestrebungen des
Vereins „Naturschutzpark“ zu unterstützen, soweit sie
sich auf die Erhaltung der ursprünglichen Natur be-
schränken und von der Einführung von Pflanzen und
Tieren absehen.“

Damit ist, wie man wohl feststellen darf, eine
weitgehende Übereinstimmung in den Zielen beider
Vereinigungen dokumentiert, worüber besonders die-
jenigen Befriedigung empfinden werden, die in offener
Gegensätzlichkeit zwischen beiden Gesellschaften eine
nicht zu unterschätzende Gefahr für die Erfolge der
beiderseitigen Bestrebungen erblicken zu müssen glaub-

ten und ungern gesehen hätten, wenn daraus eine Zer-
splitterung der für eine gute Sache tätigen Kräfte ein-
getreten wäre.*)

Die Landauerstraßein Berlin-Wilmersdorf
— die Gartenstadt in der Großstadt.

Eine ganz eigenartige Straße ist da in Wilmersdorf
bei Berlin entstanden; ein Werk der Berlinischen Boden-
gesellschaft.

Solche Einheitlichkeit des Straßenbildes war uns
bisher nur aus mittelalterlichen Städten bekannt und
allenfalls aus englischen Gartenvorstädten und Land-
haussiedelungen. Eine tadellose städtebauliche Lösung
nicht nur in bezug auf die Anlage der ganzen Straße,
sowie des damit zusammenhängenden Rüdesheimer
Platzes, als auch auf das Anpassen der einzelnen Häuser
an einen Typ, den Typ eines bürgerlich-eignen wohl-
tuend einfachen Mietsetagenhauses an einer Wohnstraße.
Eine Wo h ns t r aße im wahrenSinne desWortes; keine
Schau- und Fassadenstraße mit Posamentenbesatz.

Ein einheitlicher braungelber Mörtelputz, eine
Farbe beherrscht die Häuserfluchten. Und diese Einheit-
lichkeit wird noch erhöht durch die gleichmäßig festge-
setzten Dachlinien und Dachneigungen. Ja, die Brand-
mauern wurden sogar in ihrem Überstand einbezogen in
die Dachfläche durch Verkleiden mit Dachziegeln. Eine
selten schöne Harmonie, die herrlich ergänzt wird
durch die bunten Füllungen der fortlaufenden Blumen-
baikone und -erker. Wie farbige, festliche Bänder
trennt der Blumenschmuck die einzelnen Etagen.

Das ist denn doch etwas anderes als die land-
läufigen Gitterbaikone der üblichen Mietskasernen.

Aber das Besondere der Straße ist nicht das!
— Die Straße (die im Bebauungsplan nur 26 m breit)
ward durch baupolizeiordnungsmäßige Verlegung eines
Teil des Hofes vor die Straßenfront zu einer 42 m
breiten licht- und luftdurchfluteten, ganz eigenartigen
Straße gemacht. In dieser umfassenden Form ein
novum! Aber selbst eine derartige Breitenabmessung
ist für eine Metropole nichts extravagantes — wir

*) Der Fürst von Hohenzollern hat, wie uns mitgeteilt wird,
bei seiner Herrschaft Eisenstein im Böhmerwald den 120 ha
großen Abhang zwischen dem Schwarzen See und dem Teu-
felssee zum Naturschutzpark bestimmt. Bäume und Pflanzen
sowie jegliches Getier sollen darin geschont werden.

Weiter kommt aus Graz die Kunde, daß der Verein
„Naturschutzpark" mit dem Grafen Bardeau einen Pachtver-
trag abgeschlossen hat, der die Schaffung eines Naturschutz-
parkes in Obersteiermark ermöglicht. Das eine große Fläche
umfassende Gebiet liegt in den Gemeinden Rohrmoos und
Untertal (Gerichtsbezirk Schladming) in den Niederen Tauern.
Der vorerst auf fünf Jahre abgeschlossene Vertrag kann ein-
seitig bis auf 99 Jahre verlängert werden. Der Pachtschilling
beträgt jährlich 12000 Mark. ■— Damit wäre der erste alpine
Naturschutzpark in den Ostalpen geschaffen, ein Schutzpark
in einem landschaftlich hervorragend schönen Gebiete, das zu-
dem sehr leicht von einer Hauptbahnstrecke aus erreicht
werden kann.
 
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