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Die Gartenkunst — 14.1912

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Ammann, Gustav: Aus den Gärten von Versailles und Trianon, [2]: Trianon
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0141

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XIV, 9

DIE GARTENKUNST.

133

wir uns, was aus ihnen für die heutige Gestaltung der
Gartenkunst zu verwerten wäre. Jetzt sind sie wie
schon in den letzten Jahren Ludwig XIV. Gemeingut
des französischen Volkes. Frei bewegt es sich darin,
durch keine Gitter und unschöne Absperrmaßregeln
von der Benutzung der Rasen und Wälder abgehalten.
Spielende Kinder, strickende Frauen, Maler etc. be-
gegnen dem Besucher auf Schritt und Tritt. Es wird
Tennis und Fußball gespielt in den grünen Räumen und
auf dem Kanal fährt statt der italienischen Gondoliere mit
den königlichen Gästen das sich vergnügende Volk. Wie
gut sich doch die Anlagen für die neuen Zwecke eignen!
Mit Ausnahme der Marmorfiguren, die leider sehr beschä-
digt werden, ist die Anordnung von Baum und Strauch,
von Wiese und Blume so großzügig und frei, daß große
Volksmassen sich drinnen bewegen können. Die Wege
sind breit, bequem, ihre Verteilung und Ordnung in Ver-
kehrs- und Nebenwege selbst bei dem Riesenbesuch zur
Zeit der Wasserspiele praktisch und hinreichend.

So ist denn die Gliederung und Anordnung der
Versailler Gärten für unsere großen und kleinen Garten-

schöpfungen direkt vorbildlich. Angepaßt an die neuen
Zwecke und Forderungen ist auch ihr Einfluß auf
moderne Strömungen unverkennbar. Ich erinnere an
die Wettbewerbe von Läuger und Schumacher für den
Hamburger Stadtpark etc. Auch selbst auf städtebau-
lichem Gebiete sind Prinzipien aus den Königsgärten ver-
wendet worden, z. B. beim Wettbewerb für Groß-Berlin.
In Amerika sind in Washington die Pläne eines L’Enfant
wieder hervorgeholt worden, der an derselben Quelle ge-
schöpft hatte. Einst hatte der Wille eines Herrschers
jene großzügige Anordnung geheischt, heute verlangt sie
der Verkehr der Großstadt, damit ein geordnetes Ganzes
entstehe. Hoffen wir, daß auch uns klar wird, daß unser
Weg in dieser Richtung liegt, indem wir aus dem
Wesen dieser Schöpfungen für unsere Werke lernen.

Zum Schlüsse möchte ich meines lieben Freundes und
Reisebegleiters, Herrn O. Krüpper, freundlich gedenken
für seine Mithilfe bei den photographischen Aufnahmen.
Ist doch manches der Bilder mit seinen Augen gesehen und
hat er doch manch schönen Fleck in den ausgedehnten
Gärten aufgestöbert, der mir vielleicht entgangen wäre.

Abb. i. Rittergut Grofä-Vielen bei Penzlin.

Parkanlagen: R. Habich, Gartenarchitekt in Rostock; Hausbau: P. Korff, Architekt in Laage.
 
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