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Die Gartenkunst — 14.1912

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Arntz, Wilhelm: Italienische Renaissance-Gärten, [11]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0157

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XIV, 10

DIE GARTENKUNST.

149

Abb. 5. Villa Madama: Westansicht der Ruine (nach Percier und Fontaine).

ursprünglichen Gedanken des Kasinos mit den direkt
von ihm abhängigen Gärten und Terrassen, wie ihn
Percier und Fontaine mit feinem architektonischem
Verständnis nach den gleichen Unterlagen gezeichnet
haben (Abb. 4), denn aus ihm erhellt besser die Be-
deutung der monumentalen Komposition, wie sie Raffael
entworfen hatte.

In wuchtig geschlossenem, organischen Aufbau
wächst dieser Kern der Anlage am Waldrande aus
dem Berghange heraus. Als seine mächtige Basis
schiebt sich eine Terrasse von etwa 220 m Länge
und 25 m Tiefe (Breite) in eine ausgedehnte schräge
Fläche gut gegliederter Gärten vor und trägt auf ihrer
Vorderkante die Stallungen für 240 Pferde. Auf ihr
erhebt sich die große Talfront des Kasinos. Dessen
Körper wird zu beiden Seiten fest gefaßt durch Ter-
rassen in zwei Stufen, und so in eine große durch-
laufende Bildfläche gebracht, gleichzeitig harmonisch
mit der Gestalt des Geländes vereint. Die vordere,
niedere dieser Terrassen trägt rechts (vom Beschauer)
das erwähnte große Wasserbecken mit dem großen in
die obere Stufe eingewölbten Nymphaeum, welch letz-
teres lebhaft an ähnliches in den Ruinen der Villa
des Kaisers Domitian in Castelgandolfo erinnert.
Links trägt sie auf einer der Handzeichnungen einen,
anscheinend vertieften und streng geschnittenen Hain.
Die Ecken werden von runden Türmen mit Wendel-

treppen flankiert, ein Motiv, das später in der Villa
Aldobrandini wieder aufgenommen wurde, um damit
die Schornsteine der in der Terrasse untergebrachten
Küchen zu verkleiden. Die obere, hohe Stufe ist links,
d. i. romwärts, als großartiger Vorhof mit Treppen
oder Rampen ausgebildet, rechts, d. i. die erhaltene
als Giardino segreto, als Privatgarten, mit Blumen-
beeten, Orangenspalieren, Vasen, Figuren und Brunnen.
Die Bergmauer ist hier durch drei Nischen gegliedert,
in deren mittlerer noch der Elefantenkopf des einst
berühmten Brunnens mit schwachen Resten der reichen
Stuckaturen und Malereien zu sehen ist. Das Gelände
ist so wasserreich, daß man beim Bau Schutzvorkeh-
rungen treffen mußte. Man sammelte das Wasser
dicht oberhalb und hatte damit reichen Zufluß für die
Brunnen. Auf diesen Privat- oder Geheim-Garten öff-
nete sich die große prächtige Loggia (Abb. 5)- Die
Mitte des Kasinos nahm ein reicher, runder Innenhof
mit einer Dreiviertelsäulen-Stellung und Nischen ein.
Er ist noch als Ruine vorhanden. Es scheint, daß
man ihn einst beim Wiederaufbau unter Verzicht auf
die noch unausgeführte Kasinohälfte als ein selbständiges
Glied ausbildete. Der Innenhof blieb den römischen
Villen im Gegensatz zu den kubischen Florentiner
Kasinos in der Folge ganz fremd. Hier scheint der
ursprüngliche Gedanke die Verarbeitung einer Floren-
tiner Erinnerung zu sein (der Bauherr war ja Floren-
 
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