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Die Gartenkunst — 14.1912

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Ulrich, F.: Gedanken über Friedhofsgestaltung: Vortrag
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0248

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XIV, 16

DIE GARTENKUNST.

241

noch in späterer Zeit verscharrte man den Gerichteten
einfach; kein Hügel, wie bei ehrlichen Menschen, be-
zeichnet die Stelle, gleichsam als ob seine Spur von
der Erde vertilgt werden sollte

Im übrigen bin auch ich kein Anhänger jener
hohen Hügel, wie sie z. B. in Berlin und Umgebung
Sitte sind. Durch ihre meist geringe Dauer sind sie
ungepflegt und bald zusammenstürzend ein stetes Ärgernis
für Friedhofbesucher und Verwaltung. Und doch wäre
dem leicht abzuhelfen, wenn man sich entschließt, die
Hügel nur halb so hoch anzulegen und sie dann nach
Möglichkeit wiederum zu Gruppen vereinte, wobei
eine leichte Trennung innerhalb der Reihe genügt,
edenfalls ist der Friedhof der Ort, wo das menschliche
Empfinden mehr als anderwärts ein Anrecht auf Rück-
sicht und Duldung hat — allerdings auch selbst üben soll —,
und man deshalb auch im Punkte der Grabgestaltung den
örtlichen Gepflogenheiten Rechnung tragen sollte.

Was nun die Bepflanzung der Hügel anbetrifft, so
möchte ich größere Mannigfaltigkeit als wünschens-
wert bezeichnen, denn neben dem Efeu gibt es noch
eine ganze Reiche anderer Pflanzen, die sich gut für
diesen Zweck eignen. Ich erinnere nur an die verschie-
denen Arten von Sedum, Cerastium, Saxifraga, die gleich-
zeitig mit ihren Blüten das Auge erfreuen, ebenso das
Immergrün mit seinen blauen Sternen. Das gleiche gilt
von den Blütenpflanzen auf den Hügeln. Hier begegnen
wir in steter Wiederholung fast nur bekannten Markt-
pflanzen ; viel zu wenig Beachtung finden dagegen die
Stauden, abgesehen von den einjährigen, und doch wäre
gerade für sie auf dem Friedhofe die größte Verwen-
dungsmöglichkeit.

Wie manchem Grabe, das bald vergessen liegt,
dürfte eine einmal gepflanzte Staude auf viele Jahre
hinaus, vielleicht für die ganze Dauer seines Bestehens,
zum Schmuck werden.

Hier muß seitens der Friedhofverwaltung die Be-
lehrung des Publikums einsetzen. Wieviel Gräber werden
im ersten Eifer verschwenderisch geschmückt mit blühen-
den Pflanzen, deren Wirkung oft nur dem Augenblick
standhält! Für die nächste Zeit kümmert sich dann
niemand mehr darum im Hochgefühl der guten Tat.

Würde jeder vorher im klaren sein, welche Geld-
mittel und Zeit er für ein Grab im Taufe des Jahres
übrig hat, manches ließe sich besser verteilen und man-
ches unterbliebe besser ganz, denn ein einfacher Efeu-
hügel macht stets einen würdigeren Eindruck als reicher
Schmuck, der ungepflegt und nicht zweckgemäß zu-
sammengestellt bald ein Bild der Verwahrlosung bietet.

Es blieben dann noch die Gräber der Armen und
Ärmsten, um die sich niemand kümmert, oder für die
seitens der Angehörigen keine Aufwendungen gemacht
werden können. Hier ist es Aufgabe der Friedhof-
verwaltung für einen guten und würdigen Eindruck
nach Maßgabe der Mittel Sorge zu tragen. Besonders
sollte man als Schmuck wiederum Stauden verteilen,
so daß von Zeit zu Zeit die Blüten dieser oder jener
Art in der einen oder anderen Abteilung vorherrschen

und ihr ein freundliches Gepräge geben. Ich komme
darauf an einer späteren Stelle noch zurück. —

Vieles wäre dann über das Grabmal zu sagen;
ich möchte mich jedoch kurz fassen, da hier Beispiel
und Vorbild alles sind. Es ist aber auch gerade auf
diesem Gebiete, wie ich feststellen kann, in letzter
Zeit viel Gutes und sehr Gutes geschaffen worden,
dank dem regen Interesse, dessen sich dieser Kunst-
zweig heute bei den Künstlern erfreut; dagegen wird
das Lager der Steinmetze in der Nähe von Friedhöfen
noch meist vom polierten schwarzen Granit beherrscht,
der unserm heutigen Friedhofbild den wenig erfreulichen
Kulturstempel seiner Zeit aufdrückt. Bemerkt sei noch,
daß in den Reihengräbern oder Feldern nach Möglich-
keit niedrige Steine oder Grabzeichen zu bevorzugen
sind, da sie am besten einen ruhigen Gesamteindruck
ermöglichen. Für die alleinige Verwendung dieser
oder jener Art, resp. dieses oder jenes Materials in den
einzelnen Feldern, kann ich jedoch nicht eintreten.
Es muß zu einer gewissen Eintönigkeit führen, seitdem
an Stelle der früheren handwerklichen Einzelarbeit,
die sich darin gefiel, ein Motiv bis ins Unendliche ab-
zuwandeln, die schwer auszuschaltende Massenherstel-
lung getreten ist. Außerdem dürfte mit einem solchen
Uniformierungszwang, wie er bereits für einige Fried-
höfe besteht, doch die Rücksicht auf das Äußerliche
ein wenig weit getrieben sein.

Ich komme nun zum Friedhof in seinerGesamtanlage.

In jedem guten Werk gestaltender menschlicher
Betätigung, besonders der künstlerischen, soll bekannt-
lich als guter Dreiklang zu seinem Rechte kommen:
einmal der Zweck, dann die Art der Gestaltungsmittel,
ihr Wille, und endlich völkische und zeitliche Eigen-
art. Diese drei Forderungen muß man auch bei der
neuzeitlichen Friedhofgestaltung zu erfüllen suchen.

Der Zweck, rein praktisch genommen, ist klar:
Ein Friedhof ist in erster Linie eine Anlage, die
Beerdigungszwecken dient — die Ruhestätte unserer
Toten. Das muß man auch bei Schaffung neuzeitlicher
Anlagen vor allem bedenken und berücksichtigen.
Man muß zweckgemäß schaffen und dabei das Grab
als charakterisierender Wesenteil so behandeln und
eingliedern, daß es einen würdigen Eindruck macht
und ruhig in Erscheinung treten kann.

Werfen wir daraufhin einmal einen Blick auf das bis-
her Geschaffene und in die Friedhofliteratur, so werden
wir bald gewahr, daß man sich über diese einfache
Forderung selbst heute noch durchaus nicht so im
klaren ist, wie man erwarten sollte. Auch heute noch
klingt verschiedentlich, wie vor zehn Jahren, der Ge-
danke durch, man müsse parkartige Anlagen schaffen
und alles, was mit dem eigentlichen Friedhofcharakter
zusammenhängt, so hineinkomponieren, daß es mög-
lichst wenig in die Erscheinung tritt. Eine oft gehörte
Redensart besagt dann von solchen Plätzen, sie seien
so schön, daß man eine halbe Stunde auf ihnen um-
hergehen könne, ohne zu merken, daß man auf einem
Friedhofe sei. Wenn man bei diesen Bestrebungen sogar
 
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