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Die Gartenkunst — 14.1912

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Hoemann, Reinhold: Erinnerungen an die Studienreise der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst nach Frankreich, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0286

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XIV, 18

DIE GARTENKUNST.

279

tektur-Parks, in hellem Licht liegt auch das Schloß,
jede Linie seines Umrisses zeichnet sich scharf und
klar gegen die Luft. In hellem Sonnenlicht liegen
ebenso die reichgeschmückten Terrassen, die in zier-
lichen Teppichmustern erscheinenden Parterre, die
langgestreckten, grünen Rasenteppiche, die blanken,
das Licht tausendfältig reflektierenden Spiegelbassins,
die in strengen Architekturformen kanalartig behandelten
Wasserläufe.

Und all diese in schönem Ebenmaß gegliederten
hellen Flächen sind umrahmt von dunklen Laubwänden.

Sphinxe und Tiergestalten herausgehauen sind. Solch
reichen Bildhauerschmuck sieht man wohl nirgends
und man hat es vortrefflich verstanden, diese Bild-
werke gut und richtig zu stellen. Besonders häufig
findet man auch die dekorative Vase oder die breite
Blumenschale als Schmuck verwendet, oder auch die
an italienische Vorbilder erinnernde Herme. Hinter den
Charmilles aber und hinter den Baumwänden, da finden
wir überall im lauschigen Halbdunkel die verschiedensten
Gartenräume. Die versteckten heimlichen Lauben
(berceaux). Die verschiedenen Zwecken dienenden

Abb. i. Avenue de Champs-Elysees vom Place de la Concorde gesehen.

Diese grünen Heckenwände, meist aus Hainbuchen
(charmilles) gebildet, sind ein sehr wichtiger Bestand-
teil dieser Architekturgärten, nach oben hin werden
sie fortgesetzt durch Baumwände, die in ähnlicher
Weise wie unten die Hecken zu flachen, säulengetra-
genen Wänden gezogen sind. Der freie Wuchs der
Bäume ist hier überall zugunsten einer ruhigen Flächen-
wirkung unterdrückt.

Vor den Hecken aber, zuweilen in Nischen und
Lauben, zumeist aber frei vor der Wand aufgestellt,
sind Werke der Bildhauerkunst allenthalben als Schmuck
verwandt, just so wie im Salon, meist aber mit besserer
Wirkung. Meist ist es weißer Marmor, zuweilen auch
der helle französische Muschelkalk aus welchem die
üppig schönen Leiber der Göttinnen und Götter, der
Musen und Nymphen, der Amoretten und Putten, der

Gartensäle (salles), die Irrgärten (labyrinthes), die, —- ich
brauche die französischen Namen, weil sie kaum über-
setzt werden können— „cloitres“, die „cabinets", „die
bassins“, „die bosquets“ etc. etc. Aber all die vielen
Einzelheiten sind doch organisch zu einer geschlossenen
Einheit von oft wunderbarem Rhythmus verbunden.

Wenngleich man, auf der freien Schloßterrasse
stehend, glaubt, nun den ganzen Park mit all seinen
Schönheiten vor sich ausgebreitet zu sehen, ist man
beim Durchwandern oft erstaunt, plötzlich vor einem
ganz neuen ungesehenen und ungeahnten Gartenteil
zu stehen, der sich, hinter einer Terrassenmauer oder
einer Böschung liegend, erst dann dem Blick erschließt,
wenn man dicht davor steht.

Am fremdesten für uns Deutsche erscheint wohl
die strenge Geometrie der Parterres.
 
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