Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 14.1912

DOI Artikel:
Hoemann, Reinhold: Erinnerungen an die Studienreise der "D. G. f. G." nach Frankreich, [5]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0365

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
358

DIE GARTENKUNST.

XIV, 23

XIV-, 23

DIE GARTENKUNST.

359

Einzelheiten bis ins
kleinste Detail so vor-
züglich zueinander abge-
stimmt sind und überall
den Eindruck der Gesamt-
erscheinung rechtfertigen.

Dieser Garten, den
man mit Recht den „fran-
zösischen“ nennt, ent-
wickelte sich aus dem
Renaissancegarten. Auch
Lenotre wurde von sei-
nem königlichen Auftrag-
geber nach Italien und
Rom gesandt, um jene
klassischen Schöpfungen
italienischer Gartenkunst
zu studieren. Aber Ver-
sailles ist keine Kopie
eines Renaissance - Gar-
tens, weder im ganzen,
noch in Einzelheiten.
Lenotre verarbeitete das
Gesehene und was er
dann seinem König gab,
das war die selbständige,
völlig freie Schöpfung
eines Genies, sein Werk
war jener berühmte fran-
zösische Garten, der dann
seinerseits so oft als Vor-
bild für so manchen
Fürstengarten Europas
diente. Man kann auch
nicht sagen, daß Lenotre
etwas Neues in Frank-
reich schuf, vor ihm
waren andere Garten-
künstler ganz ähnliche
Wege geschritten, ein
Mollet, ein Boyceau, hat-
ten auch schon Gärten
geschaffen, die fast alles
das schon enthielten, was
die Lenötre-Schöpfungen
zeigen, aber doch steht
Lenotre turmhoch über
seinen Vorgängern wie
über seinen Schülern und
Nachfolgern, nie sind in
gleicher Art Gartenschöp-
fungen von gleicher Voll-
endung wieder erstanden.

Freilich hat auch das
Genie Lenötres Aufgaben
erhalten, die so höchst
selten gestellt wurden und
gestellt werden. Es ist ja




49494 444444

444 **<96(9


\4 4 4 449 4

\4 4 49iTtf
.444 9944
14 444949

mmm

w.-—5-.

•4 f;v /vvrrl 449099 9
■4 yk;M 4 4*49 4 4
4 RvAAViV 49 9 09 4 9-

- —

0E3™

■s

- 8

~ I

“ S
- 3


rf

Z

>

«H

o

Im

<D

T3

c

iS

"3.

V

hfl

cn

staunenswert, wenn man
hört, mit welchen Mit-
teln Lenotre wirtschaften
konnte. Versailles war
doch nur ein kleines
Jagdhaus, inmitten eines
wüsten, teilweise sumpfi-
gen Jagdreviers. Was hat
Ludwig XIV. mit seinem
Lenotre aus dieser Wild-
nis geschaffen? 36000
Menschen und 6000 Pferde
sollen gleichzeitig nur mit
Erdarbei ten für Park, Was-
serleitungund Straßenbau
beschäftigt gewesen sein
und zwar 20 Jahre lang.
Man erzählte, daß der
üppige König I Milliarde
für Schloß und Garten
aufgewendet hat, doch
haben neuere Feststel-
lungen ergeben, daß diese
Summe zu hoch gegriffen
ist und etwa 500 Millionen
Frcs. tatsächlich verwen-
det worden sind. Nicht
einbegriffen in diese
Summe sind allerdings
die Frondienste, welche
beim Schloßbau in er-
heblicher Weise geleistet
wurden. Wenn man diese
Summe zuzüglich der
Frondienste in heutige
Werte umwandeln würde,
so dürfte man doch der
Milliarde wieder nahe
kommen. Welch glück-
licher Umstand für Le-
notre, so aus dem Vollen
schöpfen zu dürfen, welch
glücklicher Umstand aber
auch für den Sonnen-
könig, solch genialen
Künstler zur Verwirk-
lichung seiner Absichten
zur Verfügung zu haben.
So arbeitete Lenotre mit,
für damalige Zeit fast un-
begrenzten Mitteln und es
ist bei seinem überragen-
den Genie kein Wunder,
wenn nun auch seine
größte Schöpfung „Die
Gärten von Versailles“
den Ausdruck höchster
Macht verkörpern.
 
Annotationen