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Die Gartenkunst — 14.1912

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Ehinger, Fidel: Im Schloßpark zu Brühl
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0386

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380

DIE GARTENKUNST.

XIV, 24

hellen Kleider der Damen wechseln ab mit den zier-
lichen bunten Sonnenschirmen, den vielfarbigen Blüten
und goldgelben Blumen. Überall wohin das Auge blickt
ist eitel Freude, Farbe, Leben und Bewegung; das
farbenprächtige Bild andeutend, das einst hier erstand.
Das sind Festtage für den alten Park und er fühlt
sich wieder seiner wahren Bestimmung übergeben. Er-
wacht aus seinem Dornröschenschlaf steigen alte Zeiten
vor ihm auf, und glänzende Tage erstehen wieder wie
damals, als galante Kavaliere und perückentragende Höf-
linge den zarten farbenfrohen und lebenslustigen Roko-
kodamen den Hof machten. Wo in die berauschende
Festmusik stilles Flüstern und loses Kichern sich in
die lauschigen Gartensäle und verschwiegenen Nischen
stahl und Gott Amor, der lose Schelm, immer bereit
stand, den herz-
bezwingenden,
selig berauschen-
den Liebespfeil
abzusenden. So
gesehen und be-
trachtet zeigt erst
der Park seine
ganze Größe und
Schönheit.

Von Vorü-
bergehenden an-
gestoßen, erwa-
chen wir aus un-
serer Träumerei
und folgen un-
willkürlich dem
Zuge festlich ge-
kleideter, fröh-
licher Menschen
auf dem Mittel-
wege. Wir ge-
langen zum gro-
ßen Teich, des-
sen stille Wasser
und klare, architektonische Formen ein Bild feier-
licher Ruhe und Größe geben. In seinem klaren Spie-
gel zeigen sich nochmal die lustwandelnden, farbenfrohen
Menschen mit dem Blau des Himmels und den lichten
eilenden Wölkchen vor dem malerischen Abschluß des
Hintergrundes. In ihm halb versteckt sehen wir die sehr
glücklich aufgestellten Plastiken in ruhigen klassischen
Formen die vier Jahreszeiten und deren Freuden dar-
stellend. Ihr lichtes Weiß vereinigt sich mit dem
dunklen Grün zur wundervollen Harmonie und Ruhe.

Weiter gezogen und in unserem Wissensdrang dem
Hauptwege folgend gelangen wir an ein Rundbassin
von alten Pappeln umstanden und vom Hochwald be-
hütet. Sein Zugang vom Park wird durch zwei mächtige
pyramidal geschnittene Tsuga flankiert. Ein kleiner
Springstrahl unterbricht plätschernd zurückfallend die
hl. Stille und ein Gefühl wunderbarer Ergriffenheit
übermannt vor dieser einfachen Größe. Helle Erkennt-

nis der wahren Kunst überkommt mich immer wieder
an diesem Ort und seliges Ahnen und Verstehen jener
großen Zeit offenbart mir gerade dieser einzigartige Platz.

Von hier führen zahlreiche Spiralwege in den an-
schließenden Buchenwald. Sein Kühlung spendender
Schatten nimmt uns auf und eine wohltätige Abspan-
nung der angeregten Sinne und Nerven macht sich
Platz unter den mächtigen glatten Stämmen dieses
echt deutschen Hochwaldes. Die geradlinigen Wege
werden von den hohen Stämmen wie von Säulen ein-
gefaßt, und breite mächtige Laubkronen wölben sich
zu einem wunderbaren Blätterbaldachin. Mit Mühe
bricht sich die Sonne an einzelnen Stellen Bahn und
schafft die eigenartig schönen Lichtreflexe auf den
Wegen und dem begrünten Waldboden. Hier fin-
den wir nirgends
kleinliche Ko-
ketterie mit der
Natur, Nachah-
men irgendwel-
cher Szenerien,
denen Künstelei
und innere Un-
wahrheit schon
von weitem den
Stempel auf-
drückt. Groß,
stark und wahr
ist dieser Wald
mit seinen mäch-
tigen Stämmen,
geraden Wegen,
den Garten mit
seiner Blüten-
pracht und sei-
nem Sonnen-
schein erwei-
ternd, ergänzend
und kontrastie-
rend. Seiner ur-
sprünglichen Bestimmung nach einst Wildpark hat ihn
die zielbewußte Hand des Menschen zu dem gemacht,
das uns anzieht und das wir bewundern.

Sichten und lichtdurchflutete Blicke in das weite
Land zeigen überall die Endpunkte der Wege und
halten uns immer in Spannung. Stundenlang kann man
so den Park durchwandern, die köstliche Ruhe genießen
und sich erfreuen an dem Kunstwerk, das Menschen-
wille und Natur erschaffen hat.

Wir bewundern eben noch die schöne Waldvege-
tation, die das Licht der Sonne dem Boden entlockt
und sehen Goldnessel und Knabenkraut, Aronsstab und
Schaumkraut, Gundermann und Waldgräser einträchtig
neben den verlockenden Beeren des Seidelbasts stehen,
da gelangen wir an das obere Ende des Parkes. Ein
stiller Wassergraben, von einer schönen dreibogigen
Brücke überspannt, trennt hier den Park vom beschau-
lichen angrenzenden Klostergarten. Er wird begleitet

Schloßpark Brühl: Geschnittene Lindenallee nach Jagdschloß Falkenlust.
Aufnahme von T. Nußbaum, Cöln a. Rh.
 
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