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Gewerbeblatt
für den
Schwarzwald.

(Erscheint alle 14 Tage einmal. Preis ohne Zustellungsgebühr 36 Kreuzer für den Jahrgang; Speditionsgcbühr der Großh.
Postanstalten 9 kr.. Zustellnngsgebühr 20 kr. Bestellungen werden in Furtwangen bei der Uhrenmacherschule oder bei der dorti-
gen Ärosh. Posterperitio», auswärts bei allen Postbehörden und Buchhandlungen entgegengenommen.)

V. Jahrgang. jV" 12. Furtwangen, den IS. Zuni 1836.

Ueber den (kinflusi der Maschinen auf den
materiellen und sozialen Zustand der Völker.
(Schluß.)
Die Verarbeitung der Baumwolle beschäftigte in
Frankreich 1789 die Zahl von 73,000 Arbeitern, 1802
bereits 200,000, im Jahre 1822 schon 700,000, jetzt
über 1 Million.
In Großbritanicn beschäftigte die Baumwollenin-
dustrie früher nur 40,000 Arbeiter, seit der Erfindung
der einschlägigen Maschinen aber über 1'/? Millionen.
ü) Die größere Menge des Fabrikats erhöht auch
den Bedarf an Rohstoff, und falls derselbe inländisches
Erzeugnis? ist, wie z. B. bei unseren Wollentuchfabriken,
so wird diese verstärkte Rohstofferzeugung einer weiteren
Zahl von Arbeitern sofort Erwerb zuwenden. Ist der
Rohstoff ein ausländisches Produkt, wie z. B. in Eu-
ropa die Baumwolle, so wird dessen Herbeischaffung
und die Erzeugung der dem AuSlanhe als Aeqnivalcnt
zu überlassenden Güter eine mehr oder weniger beträcht-
liche Zahl arbeitender Hände ansprechen. Frankreich ver-
brauchte an roher Baumwolle vor 70 Jahren 1,200,000
Psund, 1840 dagegen bereits 105 Millionen Pfnnd.
Großbritanicn verbrauchte rohe Baumwolle von
1820—1830 im Durchschnitte jährlich 178 Millionen
Pfund, im Jahre 1834 bereits 302 Millionen Pfund,
1838 schon 460 Millionen Pfund und 1853 die un-
glaubliche Masse von 734 Millionen Pfund.
e) Jnsoferne die Arbeiter Consumentcn sind, kommt
ihnen der Nutzen der größeren Wohlfeilheit der Ma-
schinenprodukte selbst ausnehmend zu Statten. Erspart
ein Gewerbe an Mcnschcnkräften, und wird das Er-
zeugnis? hiedurch wohlfeiler, so entwickelt sich entweder
der Massenverbrauch, indem dasselbe einer bescheidenen
aber zahlrcichern Klaffe von Consumentcn zugänglich

wird, oder man sucht auch durch eine Hinzufügung
neuer Arbeit den? alten Produkte einen höheren Werth
zu verschaffen. So wie der schlechte Mouffelin zur
Dienstbotenkleidung verwendet wurde, begann man Mu-
ster cinzuwirken, und da auch die Muster wenig Arbeit
kosteten, wurden Stickereien angebracht. Das Ender-
gebniß der durch die Maschinen herbeigeführteil Erspar-
nisse von Menschenkräften war sofort, daß das Erzcugniß
vollkommener wurde, daß derselbe Stoff einer 3- und
4fachen Behandlung unterworfen wurde, weil 3- und
4fache Menschenkräfte bei der ursprünglichen Darstellung
entbehrt werden konnten. Vor zehn Jahren kostete ein
Stück Cattun von einfarbigem Muster mehr als heute
ein Stück Milleflenr, und der glatte Zeug mehr als
der einfach bedruckte. Das durch die Maschinen herbei
geführte Uebel läuft am Ende darauf hinaus, daß sich
der bescheidene Consumcnt Blumenmuster wählt, wo er
früher nur Eisengclb in Eisengclb erschwingen konnte.
Es kann allerdings nicht geläugnet werden, daß bei
einzelnen Handwerken der Verbrauch der betreffenden
Erzeugnisse nicht so rasch zunehmen wird, als erforderlich
wäre, um alle Arbeiter, welche durch die Maschincn-
Einführung alsbald brodlos geworden sind, in demselben
Gewerbe untcrzubringen. So ist es notorisch, daß der
Verbrauch Deutschlands an eigener und fremder Wolle
zwar von Jahr zu Jahr steigt, aber nur sehr allmälig.
Inzwischen- sind durch die mechanischen Webstühle un-
läugbar eine beträchtliche Zahl von Handwebern ent-
behrlich, beziehungsweise brodlos geworden. Dieselben
müssen sich sofort einem anderen Gewerbe zuwenden,
und die Ausfindigmachung eines solchen wird um so we-
niger schwer fallen, als inzwischen wohl eine Reihe neuer
Gewerbe entstanden ist, oder das alte Gewerbe Neste
und Zweige bekommen hat. Erinnern wir uns nur zurück
 
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