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Glaser, Curt; Cohn, William [Hrsg.]
Die Kunst des Ostens (Band 11): Ostasiatische Plastik — Berlin: Bruno Cassirer Verlag, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.53084#0015
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DIE FRÜHZEIT

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der Beziehungen des alten China zu dem westlichen Asien, der Möglich-
keiten der Formenwanderung, die dem Osten die Kenntnis künstlerischer
Schöpfungen von Völkern des Mittelmeerkreises hätte vermitteln können, und
die scheinbaren Beziehungen einzelner Motive sind zu allgemeiner Art, um
eine Theorie ernstlich begründen zu können, die wesentlich wirksame fremde
Einflüsse schon in früher Zeit vermuten wollte. Selbst die Wirkung einer histo-
risch beglaubigten Gesandtschaft, die Kaiser Wu Ti im Jahre 138 vor Christi
Geburt nach dem Westen ziehen hieß, läßt sich schwerlich mehr abschätzen, da
einerseits der Ablauf der künstlerischen Entwicklung des alten China bis zu
diesem geschichtlichen Datum in zu tiefem Dunkel, anderseits unsere Kenntnis
der vorchristlichen Denkmäler des mittleren Asien viel zu lückenhaft ist, um den
Einfluß der einen auf die andere mit einiger Sicherheit bestimmen zu können.
So erscheinen als stumme Zeugen eines noch unsichtbaren, jahrhunderte-
langen Entwicklungsablaufs altchinesischer Kunst die mächtigen Fabeltiere, die
vor den Gräbern der Herrscher wachen, und die Geschichtsschreibung muß,
sofern sie es als ihre Aufgabe betrachtet, das Werden der Formen zu deuten,
bekennen, angesichts dieser gewaltigen Zeugen uralter Vergangenheit vor
einem Rätsel zu stehen. Wenn hier in durch historische Daten gesicherten Denk-
mälern der erste jener festen Punkte einer Geschichte östlicher Plastik gegeben
ist, von denen einleitend gesprochen wurde, so kann von den ungewissen Zeug-
nissen eines noch früheren Altertums zu ihnen nur eine versuchsweise vorsichtig
andeutende Linie gezogen werden, und ihre Verlängerung trifft die in helleren
Zeiten der Geschichte entstandenen Statuenkolosse, deren Reihen die Geister-
straßen säumen, die zu den Gräbern der Kaiser jüngerer Dynastien hinleiten.
So viel scheint festzustehen, daß die archaisch gebundenen Formen an
den Anfang der Reihe gehören. Die Bildner der Handynastie, die das Erbe
der Choumeister antraten, besaßen den natürlichen Sinn für Monumentalität,
sie besaßen die ursprünglich schöpferische Phantasie, deren Kraft Natur-
gebilde umschweißt in dauernde Form, das zufällig Einmalige in ein ewig
Bleibendes verwandelt.
Man kann zweifeln, ob Erz oder Stein früher als Bildstoff Verwendung
gefunden habe. Der historische Bericht gibt gleich dem sichtbaren Befund
dem Erz den Vorrang, da die Ornamentformen, in die Haare und Mähnen
der steinernen Ungetüme umgebildet sind, einem Beschlagwerk gleichen, das
in mehrfach flachen Schichten der Oberfläche der Körper aufgelegt ist (7—9).
 
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