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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Oth.]; Meyer, Bruno [Oth.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 2) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62335#0071
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Deutschlands Kunstschätze. 41
das Bild der Geliebten besitzen — Colonna läßt dasselbe stehlen ... So ist der Knoten geschürzt,
in dessen Schlinge der junge Dichter hängt wie ein Krammetsvogel. Er kann sicher sein, auf seine
Begnadigung bis zum jüngsten Tage zu Warteu, indeß der wohlbezahlte Dieb lustig aus freien
Füßen spaziert."
Beide schwiegen lange. Endlich blitzten die Laternen vor den Tuilerien.
.„Meister Lullh", sagte der Prinz. „Ich bekenne es, daß ich es nicht wagen darf, den König
zu fondiren, noch weniger anzudeuten, von welcher Seite der Streich geführt wurde, den man ihm
mit Vorbedacht gespielt hat. Es würde das Gherardesca schlecht zu Statten kommen. Es ist zu-
weilen bequemer, einen Unschuldigen zu verdammen, als zugeben zu müssen, dupirt worden zu sein.
Es muß eine Attaque auf Donna Maria ausgesührt werden, um Gherardesca zu befreien und
diesen Sturm will ich wenigstens eröffnen"
„Ich wünsche, daß er gelingen möge!"
„Aber Ihr müßt mir zur Seite bleiben, Lullh! Ihr könnt von Eurem Freunde sprechen und
werdet mich durch Eure Gegenwart zugleich vor dem Verdachte schützen, als hätte ich den Einfall,
die Aufmerksamkeiten zu erneuern, mit denen ich zu einer frühern Zeit der Dame Mancini be-
schwerlich fiel. Ich habe jetzt keinen Dienst — was meint Ihr, wir suchen den Feind sogleich und
fassen ihn so gut wir vermögen?"
Der Weg führte zum Palast Mazarin, von welchem aus Frankreich so lange seine Gesetze
empfangen Hatte. Die Schweizerwachen, welche den Hagern Cardinal bewacht hatten, fehlten an
dem düstern Portal. Im Innern des Gebäudes huschten ernste Gestalten in Gewändern der Kirche
— man würde kaum nach dieser klösterlichen Stille einen Schluß auf die üppigen Feste Haben
machen können, welche hier einst gefeiert wurden, als es sich darum handelte, den jungen König
durch die Reize Olympia Mancini's zu bestricken.
Donna Maria Mancini empfing die beiden Herren in Gegenwart einer alten italienischen
Dienerin, die ihre heimische Tracht beibehalten Hatte.
„Altezza", sagte St. Paul, „wie würde ich so kühn gewesen sein, vor Euch zu erscheinen,
Handelte es sich nicht um die Rettung eines jungen Mannes, der kein anderes Verbrechen begangen
hat, als sich in Euer Bildniß zu verlieben . . ."
Die Dame sah sehr erstaunt auf.
Sie war's Zug um Zug, die Reizende, welche Meister Mignard malte und sie erschien nicht
minder königlich, als in der glänzenden Seidenrobe, obwohl nur ein einfaches meergrünes Haus-
kleid ihre Gestalt umgab. Meister Lullh erzählte rasch und feurig seine Geschichte von dem „schönen"
Gherardesca — ein Beiwort, das er scheinbar absichtlich gebrauchte — und erntete von tiefem
Gefühl zeugende Ausrufe schmerzlichen Erstaunens.
„Wtan hat den Prinzen Colonna verhört", fuhr St. Paul sehr bewegt fort, „und dann mich
für die Herbeischaffung des Bildes verantwortlich zu machen gesucht, indeß man Vermuthungen
darüber zu machen wagte, welchen Platz Ihr, Altezza, gegenwärtig in meiner innern Welt einneh-
men möchtet."
Maria erröthete flüchtig, dann blitzte in ihren Augen die Schalkheit auf.
„Nun, Gras, Ihr würdet auf mein Bildniß eben keinen hohen Werth legen", sagte sie.
„Ich würde desselben wenigstens nie bedürfen, um erinnert zu werden, wie sehr Ihr verehrt

Deutschlands Kunstschätze. II.

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