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Deutschlands Kunstschätze.
„Ihr seid mir unter allen Umständen angenehm, Herr Graf!" rief Dietrichstein, treuherzig
dem Gaste die breite, starke Faust entgegenhaltend. „Jst's ein Geschäft, so übereilen wir uns nicht
damit, sondern opfern unserm günstigen Stern, der uns vielleicht noch einige Piquet-Partien be-
scheert, eine volle Flasche Tokajer. Da wir glücklich genug Beide Soldaten sind, will ich diesen
goldsteifen Rock abziehen, der mir mit dem Kragen den Hals hier wund gescheuert hat."
Er ließ den Worten die That folgen und stand in Weste und Hemdärmeln da, bis ihn der
Diener einen geschnürten Kaftan überwarf. Der Wein ward aufgesetzt und St. Paul fand ihn
vortrefflich.
„Excellenz", fing er endlich an, „ich weiß in der That nicht, wie ich zu meiner Sache gelangen
soll. Es handelt sich um ein Bildniß der Donna Maria Mancini..."
Der Gesandte nickte freundlich.
„Sie wird wenigstens im Bilde die Herzenskönigin Seiner Majestät sein!" sagte er. „Ich
glaube, daß so die Worte des Königs lauteten."
„Sie sind von gewisser Seite sehr übel ausgenommen worden", stockte St. Paul.
„Gewiß, von der meinigen zum Beispiel. Mein erhabener Herr steht so hoch, um fordern zu
können, daß seiner Tochter auch der Hauch einer Beleidigung erspart bleibe. Ich habe kein Hehl
aus meiner Ueberzeugung gemacht."
St. Paul erzählte die Geschichte von dem Raube des Bildes.
„Aha, Monseigneur", ries Dietrichstein heiter, „da fällt die Maske. Sie haben im Sinne,
als Paladin der Donna Maria mich zur Rede zu stellen. Sie wenden sich an die unrichtige
Adresse, muß ich sagen. Ich habe gegen die Aeußerung des Königs Ludwig protestirt und Seine!
allerchristlichste Majestät hat dieselbe theils zurückgenommen, theils zu meiner Befrievigung er-
läutert. Damit bin ich aus dem Spiele ... Ob der König jenes Bildniß oder andere in sein
Zimmer hängt, kann ich nicht controliren ... Es wird indeß viele Leute geben, denen das Bild der!
Nichte des Gott Lob endlich entschlafenen italienischen Cardinals besonders im Zimmer des Königs
sehr übel gefällt . .."
„Herr Gras, reden wir als Soldaten .. ."
„Wahrlich, wenn ich das nicht gewollt hätte, würdet Ihr eine ganz andere Antwort empfan-
gen Haben."
„Aber diese Antwort hier bringt mich um keine» Schritt weiter, Excellenz!"
„Lasset mich fragen: werdet Ihr Heute Abend noch ein wenig Piquet mit mir spielen?"
„Ja, wenn ich auf Parole spielen darf, da mir schwerlich ein nennenswerther Satz zu Gebote
stehen würde.."
„O, welche Scrupulosität! Ich bin ganz zu Dienst! Und wegen des Bildes wendet Euch au
den Minister, oder an den Hofmarschall, oder an den Erzbischof, Monseigneur La Pehronne, oder
an die neue Flamme des Köuigs, Fräulein de Panvillers^ oder an Alle zusammen, und vergeßt den
Polizeimeister Duchambean, welcher den Dieb des Bildes geliefert hat."
„Was? Dieser Schurke? Und mich hat er beschuldigt, an dem „Verbrechen" vorzugsweise
betheiligt zu sein?" rief St. Paul.
„Gebt ihm ein paar Ohrfeigen, das ist die einzige Revanche."
„Die hat er schon erhalten, Excellenz!"
Deutschlands Kunstschätze.
„Ihr seid mir unter allen Umständen angenehm, Herr Graf!" rief Dietrichstein, treuherzig
dem Gaste die breite, starke Faust entgegenhaltend. „Jst's ein Geschäft, so übereilen wir uns nicht
damit, sondern opfern unserm günstigen Stern, der uns vielleicht noch einige Piquet-Partien be-
scheert, eine volle Flasche Tokajer. Da wir glücklich genug Beide Soldaten sind, will ich diesen
goldsteifen Rock abziehen, der mir mit dem Kragen den Hals hier wund gescheuert hat."
Er ließ den Worten die That folgen und stand in Weste und Hemdärmeln da, bis ihn der
Diener einen geschnürten Kaftan überwarf. Der Wein ward aufgesetzt und St. Paul fand ihn
vortrefflich.
„Excellenz", fing er endlich an, „ich weiß in der That nicht, wie ich zu meiner Sache gelangen
soll. Es handelt sich um ein Bildniß der Donna Maria Mancini..."
Der Gesandte nickte freundlich.
„Sie wird wenigstens im Bilde die Herzenskönigin Seiner Majestät sein!" sagte er. „Ich
glaube, daß so die Worte des Königs lauteten."
„Sie sind von gewisser Seite sehr übel ausgenommen worden", stockte St. Paul.
„Gewiß, von der meinigen zum Beispiel. Mein erhabener Herr steht so hoch, um fordern zu
können, daß seiner Tochter auch der Hauch einer Beleidigung erspart bleibe. Ich habe kein Hehl
aus meiner Ueberzeugung gemacht."
St. Paul erzählte die Geschichte von dem Raube des Bildes.
„Aha, Monseigneur", ries Dietrichstein heiter, „da fällt die Maske. Sie haben im Sinne,
als Paladin der Donna Maria mich zur Rede zu stellen. Sie wenden sich an die unrichtige
Adresse, muß ich sagen. Ich habe gegen die Aeußerung des Königs Ludwig protestirt und Seine!
allerchristlichste Majestät hat dieselbe theils zurückgenommen, theils zu meiner Befrievigung er-
läutert. Damit bin ich aus dem Spiele ... Ob der König jenes Bildniß oder andere in sein
Zimmer hängt, kann ich nicht controliren ... Es wird indeß viele Leute geben, denen das Bild der!
Nichte des Gott Lob endlich entschlafenen italienischen Cardinals besonders im Zimmer des Königs
sehr übel gefällt . .."
„Herr Gras, reden wir als Soldaten .. ."
„Wahrlich, wenn ich das nicht gewollt hätte, würdet Ihr eine ganz andere Antwort empfan-
gen Haben."
„Aber diese Antwort hier bringt mich um keine» Schritt weiter, Excellenz!"
„Lasset mich fragen: werdet Ihr Heute Abend noch ein wenig Piquet mit mir spielen?"
„Ja, wenn ich auf Parole spielen darf, da mir schwerlich ein nennenswerther Satz zu Gebote
stehen würde.."
„O, welche Scrupulosität! Ich bin ganz zu Dienst! Und wegen des Bildes wendet Euch au
den Minister, oder an den Hofmarschall, oder an den Erzbischof, Monseigneur La Pehronne, oder
an die neue Flamme des Köuigs, Fräulein de Panvillers^ oder an Alle zusammen, und vergeßt den
Polizeimeister Duchambean, welcher den Dieb des Bildes geliefert hat."
„Was? Dieser Schurke? Und mich hat er beschuldigt, an dem „Verbrechen" vorzugsweise
betheiligt zu sein?" rief St. Paul.
„Gebt ihm ein paar Ohrfeigen, das ist die einzige Revanche."
„Die hat er schon erhalten, Excellenz!"