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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Bearb.]; Meyer, Bruno [Bearb.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 2) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62335#0137
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Deutschlands Kunstschätzt. 89
„Also ein Polack! Die Deutschen, wie trefflich sie als Landwirthe und Soldaten sein mögen,!
stehen doch in der Kunst regelmäßig zurück! O'est L ä6868p6rer!"
„Chodowiecky hat von seiner polnischen Abstammung nicht mehr gerettet, wie ich selbst zum
Beispiel. Wir Beide siud Deutsche mit zufällig polnischen Namen!"
„Er ist ein ganzer Deutscher, Gotzkowsky, das weiß alle Welt!" rief Friedrich mit Wärme.
„Und ich lasse Seinen Chodowiecky, der sich selbst bestens empfohlen hat, aus ganzem Herzen für
deutsch gelten. Wenn es den Deutschen nur gelingen wollte, mit eigenen Kräften in der Kunst
einen Weg ausfindig zu machen, welcher unserer Nationalität, das heißt den Tugenden derselben,
entspricht — ein Weg, auf welchem uus das Ausland nicht zu übertreffen vermöchte! Ist Chodo-
wiecky's Kraft groß, ausdauernd, so spare Er kein Geld, um deuselben fest an die Porzellanfabrik
zu binden. Wer ist der Lehrer des Malers gewesen?"
„Er hatte nie einen Lehrer außer seinem Talent."
„Iwpossillle!"
„Chodowiecky ward für das bürgerliche Geschäft bestimmt", sagte Gotzkowsky. „Er ist mehr
Herr der Federspitze als des Pinsels, mehr Zeichner und Radirer als Maler und hat, bei seiner
charakteristischen Auffassung, einen ausgeprägten Zug für das komische Element."
„Tie echte Komik in der Malerei", sagte Friedrich; „bildet die Diamanten dieser Kunst. Ich !
will diesen Chodowiecky sehen! Borerst lasse Er den Preis der Dose hier sich bei meinem Tresorier
bezahlen und für das Portrait extra fünfzehn Ducaten, und zwar neue. Hinzulegen."
„Euer Majestät, ich habe auch eine Tabatiere von Chodowiecky!" sagte der Galeriedirector
Oesterreich und steckte die Hand in die Westentasche.
„Mit meinem Bilde?"
„Nein, Sire, aber die Dose ist ganz excellent... Hier!"
Der König empfing eine silberne Dose ohne Edelgestein, aber mit Radirungen und Stichel-
arbeit reich verziert. Das Deckelstück zeigte in bewundernswerth feiner Stichelarbeit eine Copie
des bekannten Bildes von Rubens: Der (behelmte) Mars wird von der Victoria als Sieger
gekrönt. Der König zog sein Augenglas und .betrachtete genau deu Mars, welcher seine eigenen
Gesichtszüge trug.
„Superbe!" rief er. „Sehen Sie doch, Mylord!"
Lord Mitchel nahm die Dose, betrachtete sie sehr aufmerksam und sagte, dieselbe kaltblütig
einsteckend:
„)1ou8i6ur Oesterreich, lassen Sie sich bei meinem Hausintendanten zwanzig Guineen auszahlen."
„Mylord, unmöglich!" antwortete Oesterreich, sehr ängstlich. „Die Tabatiere ist auf meine
Angaben hin gemacht..."
„^68, und Ihre Angaben waren sehr gut; sehr künstlerisch."
„Mylord, die Dose ist für den Mars bestimmt, den sie darstellt?
Lord Mitchel warf einen unendlich geistvollen, schelmischen Seitenblick auf den König.
„Mein guter Galeriedirector", sagte Friedrich sehr ernst, „Lord Mitchel ist Euch Alles —
Die Dose ist Ihr Eigenthum nun, Sir! sindet mein guter Oesterreich den Preis acceptabel, so mag
Er zu meinem Trevisorier gehen!"

Deutschlands Kuustschätze. ll.

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