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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Oth.]; Meyer, Bruno [Oth.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 2) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62335#0167
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Deutschlands Kunstschätze. 111
Heiligen Dominicus und Don Diego von Azebes eine Begräbnißstelle im Dom anboten — und jetzt
kommen die frommen Väter plötzlich zum Fenster wieder Herein?"
„Ihr seht, Meister", sagte Godefroy, „daß ich als wohlmeinender Freund Eurer Kunst komme!
Ich kann nicht verweigern, den Boten mit der Einladung, an Euch abzusenden — der Ihr, wäret
Ihr nicht instruirt, Folge leisten würdet —; aber Ihr wißt jetzt, weshalb es gerathen für Euch
ist, zu Hause zu bleiben, um nicht in die Alternative gesetzt zu werden, dem Dominicaner ein Ver-
sprechen zu geben, das Euch widerstrebt, uur um Eure Galeriebilder zu retten"
„Aber wenn der Herzog sich nun bindet . .."
„Francesco Farnese wird wissen, wie weit er seines Vaters letztwilligen Anordnungen gehor-
chen will! Ihr seid jetzt unterrichtet. Avdio!"
Mit unruhigen Gedanken verbrachte Annibale den Rest des Tages. Er hatte immer die
Ahnung, als wenn es mit den Botschaften aus der Farnesina noch nicht zu Ende sei.
Es war spät, nahe an Mitternacht, als der Maler aus dem Schlafe geweckt wurde. Staunend
starrte er den Gast an, welcher bis in sein Schlafzimmer gekommen war. Es war ein blasser,
Hagerer Mann mit wehmüthiger Miene in dunklem Ordenstalar mit dem wohlbekannten Hute der
Väter Jesu auf dem Kopfe. Der General der Jesuiten selbst war's.
„Monsignore, welchem Glücke oder Unglücke verdanke ich die Ehre Eures Besuchs zu so un-
gewöhnlicher Zeit?" fragte Carracci.
Der Paulus gab ihm seinen Segen, mehr pantomimisch als durch Worte und sagte:
„Eilt, mein Sohn und folget mir; vielleicht ist es noch Zeit, eine große Ungerechtigkeit, ein
großes Unheil abzuwenden"
„Wohin wollt Ihr mich führen, hochwürdigster Herr?"
„Zum Palaste des Herzogs Ranuzio, welcher in Begriff ist, seine Sünden um eine große und
grausame zu vermehren"
„AH, Monsignore, es ist da vielleicht von meinen Bildern die Rede?" fragte Carracci, plötzlich
klar schauend.
„Ja, mein Sohn, und Deine Gegenwart kann großes und folgenreiches Unheil abwenden .. ."
„Hochwürdigster Pater General, ich gebe Euch die Versicherung, daß ich mich in Das, was der
Herzog Farnese noch im Leben zu thun habeu mag, nicht mischen werde"
„Wie?"
„Ich werde zu Hause bleiben und ich beklage es, daß Ihr, Monsignore, Euch einen überflüssi-
gen Weg gemacht und mich ohne Noth aus dem Schlafe gestört habt!"
„Ich sehe, Ihr seid uuterrichtet . . .", sagte der Kirchenfürst.
„Wer sollte mich unterrichtet haben von Dingen, auf welche ich keinerlei Einfluß ausüben
kann? Aber es ist ganz gewiß, daß ich Euch zur Faruesina nicht folgen werde . . ."
„Gut, Annibale Carracci!" sagte der Jesuit. „Ich hielt Euch für einen geraden, ehrlichen
Mann mit dem urbanen Gemüthe eines wahren und großen Künstlers — jetzt sehe ich, daß Ihr
in ein elendes Complot verwickelt seid, daß Ihr mit voller Absichtlichkeit Eure Kunst dazu verkauft
Habt, die Rechte eines Hülflosen Weibes und ihres Kindes dem geschworenen Feinde derselben
preiszugeben! Ich habe bis jetzt nicht gewußt, daß es auch malende Bravi giebt!"
„Ha, Haltet ein, per Knoeo!" rief Annibale. „Was Ihr da sagt, das geht stark über die
 
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