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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Bearb.]; Meyer, Bruno [Bearb.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 2) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62335#0179
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Deutschlands Knnstschätze. 117
Füchsen zu bringen", fiel Mieris ein. „Ich habe da Ünal eine Attaque versucht, bin aber sehr ent-
schieden abgewiesen worden."
„Ich werde der Dame meinen Strauß anbieten, mag sie ihn zurückweisen oder nicht!" rief
Netscher.
„Und ich werde das erforderliche Gesicht dazu machen!" sagte Lukas. „Ich möchte für mein
Leben gern dem Bäschen einen Possen spielen ... Wißt Ihr, Netscher, ich gebe ein Ohm besten
Burgunder zum Besten, wenn Ihr bei Ueberreichung der Blumen der Gescha eine Liebeserklärung
macht..."
„Ach, daß ich mich zum Thoren machte! Sie würde mich behandeln, als wäre ich ein Mulatte!"
„Nun, ich habe nichts dagegen, wenn Ihr sie um einen Kuß bitten wollt ... Auch dafür wird
der Wein ausgelobt .. ."
„Pest, das Ding ist ja noch schlimmer als das erste! Sie würde sich mit Recht im höchsten
Maße für beleidigt halten können!"
„Nun, wir wollen sie eben in Harnisch bringen", war Mangolden's Antwort. „Aber Ihr
habt keine Courage, Netscher, — das ist Alles! Hundert Gulden — wollt Ihr Gescha um einen
Kuß bitten? Beeilt Euch, da kommt sie eben aus der Kirchthür!"
„Nein, nein, Lukas!"
„Fünfhundert Gulden denn!" sagte Mangolden.
„Nein!" entschied Netscher.
Slingeland trat näher an Mangolden hinan.
„Werdet Ihr mir fünfhundert Gulden zahlen, wenn ich Gescha Mangolden um einen Kuß
bitte?" fragte Peter, indeß seine Wangen brannten.
„Euch? Nein; Euch zahle ich die doppelte Summe — denn ich bin fest überzeugt, daß Ihr
sie auf die fragliche Weise nie verdienen könnt . . ."
„Aber wenn Fräulein Gescha", fuhr Slingeland fort, „einwilligt, mir einen Kuß zu geben?"
„Was?" ries Schalken lachend. „Wo möglich, hier gleich auf dem Kirchhofe vor allen Leuten?"
„Laß doch den Peter", meinte Mieris — „Du weißt ja nicht, welchen Scherz sich der Sauer-
topf ausgeracht Haben mag."
„Wenn Ench Gescha Mangolden hier küßt, so zahle ich eine halbe Stunde später fünftausend
Goldgulden in bester Münzsorte!" sagte Lukas zu Slingeland. „Da ist die Dame — nun, Meister
Peter."
Zwei junge, festlich geputzte Iungfrauengeftalten nahten sich. Sie verbeugten sich als Dank
und Ablehnung nach links und rechts, denn mit abgezogenen Barrets wurde ihnen von den jungen
Herren ein Strauß über den andern angeboten. Bis jetzt Hatten Beide noch keine Blumen an-
genommen.
Die eine Dame war eine schelmisch blickende, vollbusige Blonde in blauer Seide, mit schwarzer
Haube und rothen Federn dran; die Anvere war hoch und schlank und trug schwarze Seide, mit
Gelb gepufft und einen Kantenschleier auf der schwarzen Haube. Dies war Gescha van Mangolden
und allerdings besaß sie eine Schönheit ernsten, sinnenden Charakters und ließ in ihrer Haltung
einen nicht geringen Grad von Selbstbewußtsein erkennen. Mit ruhiger Aufmerksamkeit faßte sie
die Maler und ihren Vetter in's Auge, um den ehrerbietigen Gruß derselben zu erwiedern.
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