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Häusser: Die Sage vou« Teil-

515

sie gegründete Poesie anzusehen, welche letztere zunächst in der
meist kunstlosen und einfachen Form des Volksliedes sich aus-
spricht. Die Widersprüche in den Berichten der Chronikschreiber
erklärt daher Hr. Häusser aus den verschiedenen Tellen-
liedern, deren sich jene als Quellen bedienten, und schliesst
daraus weiter, dass keine der Gestaltungen der Sage, wie sie in
den Berichten von Russ bis Tschudi uns vorliegen, der Geschichte
angehören , sondern alle der willkührlichen Fiction und poetischen
Erfindung ihren Ursprung verdanken (S. 55).
Noch ehe der Verf. zu der nähern Beurtheilung und Angabe
des Inhalts der Tellenlieder selbst übergeht, bespricht er die paar
Verse auf Teil, die man einem Zeitgenossen desselben, dem edlen
Heinrich von Hünenberg zuschreibt Diese Verse, wären sie wirk-
lich von dem Verfasser, dem man sie zuschreibt, müssten als das
erste Tellenlied, aus der scandinavischen Sage von Toko hervor-
gegangen, betrachtet werden. Schon früher (Heidelberger Jahrbb.
Jahrgg. 1836 S. 977.) hat Ref. die Aechtheit dieser Verse be-
zweifelt; auch dem Hrn. Häusser scheinen sie nicht ächt zu seyn.
Besonders auffallend ist es ihm, dass man sie plötzlich erst jetzt
in unserer erfindungsreichen Zeit entdeckt hat, wo man mit so
manchen andern Fabricaten, wie z. B. mit Sanchuniathon’s Ge-
schichte das gelehrte Publicum hat mystificiren wollen. Hr. Häus-
ser hätte noch beifügen können, dass man im An ange des XIV.
Jahrhunderts Verse in solchem antiquen Metrum nicht machte: die
äussere Form widerspricht demnach schon der Aechtheit.
In Bezug auf die übrigen Tellenlieder, die der Verf. (8.56ff. 1
bespricht, und wovon er auch einzelne Theile abdrucken lässt, hat
er von dem sogenannten Urnerspiel nur die Ausgabe vom J.
1740, die auch dem gründlichen Forscher der ältesten Schweizer-
geschichte, dem Lucerner Kopp vorlag, gekannt. Hisely, in der
oben angegebenen Schrift, hat dargethan, dass, nach dem Schluss
des Urnerspiels zu urtheilen, dasselbe nicht vor 1511 gedichtet
seyn konnte; dass aber die Ausgabe vom Jahre 1740 von dem
ältesten Druck vom Jahre 1579, welchen Hisely selbst be-
nutzte, in ganz wesentlichen Stücken abweicht, und dass Einiges,
worauf Kopp seine Urtlieile gründete, in der ältesten Ausgabe
ganz anders lautet; z. B. die Stelle, welche das Verhältniss der
drei Urkantone zu Graf Rudolf von Habsburg bespricht
(Seite 62,):
Dass sie sich under sein Herrschafthand
Gütlich ergeben mit ihrem Band,
 
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