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Chmel: Geschichte Friedrich1« IV. und Maximilian I.

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Geschichte Kaiser Friedrich’s IV. und seines Sohnes Maximilian I, Von
Joseph Chmel, reg. Chorherrn des Stifts St. Floriank. k. gehei-
men Haus- und Hof - Archivar in If'ien. Erster Band. Geschichte
Kaiser Friedrichs IV. vor seiner Krönung. Hamburg, Friedrich Per-
thes. 1840. Text 1—452. Beilagen von S. 455—642. gr. 8.
Ein Buch, welches sowohl im Text als in den Beilagen so
ungemein reiche, ganz neue Materialien zur Geschichte der Sit-
ten, der Gesetze, des deutschen Lehens und der iunern Verhält-
nisse liefert, als diese Geschichte Friedrich’s IV., bedarf keiner
ausführlichen Anpreisung, um die verdiente Aufnahme bei den Ge-
lehrten zu finden; eine blosse Anzeige ist das beste Lob dieser
gediegenen Arbeit (Vinum vendibile non eget suspensa hedera).
Jeder Freund der Geschichte unseres deutschen Vaterlandes wird
dies Buch um so dankbarer aufnehmen, je ärmer Deutschland an
brauchbarem historischen Material ist. Wer schrieb bei uns? Ju-
risten oder Schranzen und Lohndiener. Wie die Geschichte schreiben,
weiss jedermann. Oeffentlichkeit ist noch jetzt Aergerniss, Dienst-
geheimniss ein Kunst- und Stichwort, früher war Geheimnisskrämerei
der Archivare und Regierungen bis zur höchsten Lächerlichkeit an
der Tagsordnung, und zwar in allen Staaten Deutschlands, von
dem, der eine Armee von vielen tausend Mann hatte, bis zu dem,
der doch wenigstens sechs Mann hielt, um eine Schildwache vor
die Thür des Herrn Reichsgrafen stellen zu können. Welche Nie-*
derträebtigkeit, Servilität, kanzleimässige Trockenheit in den juristi-
schen Geschichten der hohen Senate und ihrer hochweisen Bürger-
meister! Weiche Aengstlichkeit, wenn erzählt ward, was die
Herrn, die dem armen Teufel, welcher ihre Geschichte schrieb, Brod
und Titel gaben, in höchstdero höchsten oder allerhöchsten Weis-
heit gethan, oder am Ende auch nicht einmal gethan hatten!
Langweilige Diplome und Urkunden, Deductionen, Reichs-, Rechts-,
Staatsgeschichten haben wir genug; aber Denkschriften, Lebens-
geschichten, wie die Engländer, oder boshafte Klatschereien und
witzige historische Lügen, wie die Franzosen, haben wir nicht —
und doch ist, was freilich manchem abgeschmackt scheinen kann,
— in diesem sterblichen Leben das Erreichen wahrer Erkenntniss
jeder Art, nur dadurh möglich, dass man die sich widersprechen-
den und aufhebenden Lügen oder die Bausteine der beiden äus-
sersten Seiten zum Baue eines hohen Weges in der Mitte als Ma-
terial gebrauche. Das ist freilich eine lange mühselige Arbeit;
aber es winkt auch am Ziel eines mühseligen Lebens vielleicht
nicht gerade Ruhm, aber doch die ewige Palme der wahren Er-
 
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