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720 Masaraann: Die deutschen Abachwörunga- und Bet formein,
zuzuschreiben. Doch werden in der prosaischen Edda einige rei-
mende Verse dem Skalden Thiodolf von Ilvin zugeschrieben, der
im Anfänge des zehnten Jahrhunderts lebte. Allein man kann
mit Grund zweifeln, ob sie auch von ihm herrühren; denn häufig
werden in der Edda einem Skalden Verse beigelegt, die in der
Heimskringla unter einem andern Namen Vorkommen, und die Ge-
dichte, welche in der letzteren dem Thiodolf zugeschrieben wer-
den, begnügen sich mit blosser Alliteration. Von den angelsäch-
sischen Gedichten scheint Elene das älteste zu seyn, welches (im
Anfänge des 15. Abschnittes) Alliteration und Reim verbindet.
Grimm glaubt es dem achten Jahrhundert anweisen zu dürfen.
Ist aber unser Gedicht wirklich von Eligius verfasst, so muss es
noch weit früher deutsche Gedichte derselben Art gegeben haben.
An der Schelde hielt sich das Heidenthum lange. Kurz vor Eli-
gius hatte Bischof Aicharius, wie Baudemundus in der vita S.
Amandi berichtet, von König Dagobert den Befehl erhalten, die
heidnischen Bewrohner der Scheldeufer mit Gewalt zur Taufe zu
zwingen. Eligius selbst bekehrte Viele, und liefert in einer er-
haltenen Predigt schätzbare Beiträge zur Kenntniss des deutschen
Aberglaubens. Dort war wrohl auch heidnische Kunst noch nicht
ausgestorben, und Eligius, selbst ein Künstler, und in frühem
Jahren ein ausgezeichneter Goldschmied, von dessen Arbeiten,
wenn wir nicht irren, noch jetzt Einiges in Paris aufbewrahrt ist,
mochte sich wohl veranlasst finden, die Weise des deutschen und
heidnischen Gesanges in lateinischen und christlichen Versen zu
versuchen. Mit diesen allerdings sehr unsichern Vermuthungen
wollen wir nur den Herausgeber g'ebeten haben, die Untersuchung
über das Alter und die Heimath dieses Gedichts nicht durch seine
bequeme Ansicht, dass es gar kein Gedicht sey, vornweg abzu-
schneiden. Doch wollen wir auch Niemand auffordern, sich mit
Erklärungsversuchen besonders der zweiten Hälfte den Kopf zu
zerbrechen, denn die gar nicht unmögliche Auffindung einer neuen
H.Schr. könnte bald allen Scharfsinn zu Schanden machen.
Karlsruhe.

Adolf H oltzmann.
 
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