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Ueberweg: System und Geschichte der Logik.

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Begriffe von denselben die logischen Kategorieen. Sehr rich-
tig sagt darum der Hr. Verf.: „Die Logik ist eine formale Wis*
senschaft; aber die in ihr behandelten Formen sind, indem sie den Exi-
stenzformen entsprechen, keineswegs ohne reale Bedeutung“ (S. 2).
Das Erkennen begreift das unmittelbare Erkennen oder die äus-
sere und innere Wahrnehmung und das mittelbare Erkennen oder
das Denken unter sich. Die Formen und Gesetze des Erkennens
können theils in ihrem allgemeinen Charakter, theils in den beson-
deren Modifikationen, welche sie je nach der Verschiedenheit des
Erkenntnissinhaltes annebmen, betrachtet werden. Die Formen und
Gesetze der Erkenntnisse in ihrem allgemeinen Charakter behandelt
die reine oder allgemeine Logik, die besonderen Modificatio-
nen der Formen und Gesetze der Erkenntniss nach der Verschieden-
heit des Erkenntnissinhaltes die angewandte oder besondere
Logik.
Man sieht, dass durch diese Begriffsbestimmung die Logik viel
weiter greift, als dies gewöhnlich geschieht. Sie hat es als Denk-
wissenschaft nur mit dem Denken, also der Thätigkeit des Verstan-
des und der Vernunft zu thun. Der Hr. Verf., der sie zur Wissen-
schaft von den den Existenzformen analogen Erkenntnissformen macht,
nimmt auch das unmittelbare Erkennen oder die Wahrnehmung in
ihren Kreis auf. Die reine Logik stellt also die normativen Ge-
setze für das unmittelbare Erkennen oder die Wahrnehmung und für
das mittelbare Erkennen oder das Denken auf. Die Erkenntniss
spiegelt das Ansichsein des Wirklichen in seinen verschiedenen Exi-
stenzformen ab. Die Erkenntnissformen entsprechen so den Existenz-
formen, und die Logik als die Wissenschaft von den ersteren, wel-
che die letzteren abspiegeln, erhält dadurch, das einseitig Subjectivi-
rende und blos Objectivirende vermeidend, die Stellung der rechten
Mitte zwischen den Extremen, eine Beziehung zum Erkennen des
Subjects und eine Beziehung zum Sein des Dinges. Die Form des
unmittelbaren Erkennens ist die Wahrnehmung. Die dieser Er-
kenntnissform entsprechende Existenzform die Räumlichkeit und
Zeitlichkeit oder die äussere Ordnung der Dinge, wie
dieselbe unmittelbar in die Erscheinung tritt. Der Erkenntnissform
des Denkens oder des mittelbaren Erkennens entspricht als Exi-
stenzform die innere,Ordnung der Dinge, welche der äussern
Ordnung oder der Räumlichkeit und Zeitlichkeit zu Grunde liegt.
Die Formen des Denkens gliedern sich in Anschauung, Be-
griff, Urtheil, Schluss und System. Die Existenzfor-
men der innern Ordnung sind die Einzelexistenz, das
Wesen und die Gattung, die synthetischen Grundver-
hältnisse oder die Relationen, die reale Gesetzmässig-
keit, die Gliederung der Dinge. So entspricht in gleicher
Weise der Erkenntnissform der Anschauung oder Einzelvorstellung
die Form der Einzelexistenz, der Erkenntnissform des Begriffes nach
Inhalt und Umfang die Existenzform des Wesens (^essentia) und der
 
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