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v. Hartmann: Die Philosophie des Unbewussten.

lectes, etwas zu verstehen, von etwas ein Verständniss zu haben,
es zu erkennen. Das ist aber da nicht vorhanden, wo keine Vor-
stellungen sind. Mit den „unbewussten Vorstellungen“ ist der In-
tellect nicht „Sklave“, nicht in der „Knechtschaft“ des Willens,
sondern er ist überhaupt noch gar nicht vorhanden. Man kann
von keiner Emancipation dessen sprechen, was noch nicht existirt.
Aber es ist ein „Wille zur Verwirklichung der Vorstellung“. Ist
dieses eine Identität des Willens und der Vorstellung, wenn jener
nach der Verwirklichung der Vorstellung strebt. Schon in diesem
Streben liegt das Begehren nach einem Andern, als der Wille ist.
Die Vorstellung soll sich „vom Mutterboden des Willens“ losreissen,
während sie doch mit diesem letzteren „identisch“ ist, sich vom
Willen „emancipiren“. Diese „Stupefaction“ des Willens über die
von ihm losgerissene, nun „existirende“ Vorstellung ist das „Be-
wusstsein“. Fürs Erste kann sich das, was mit dem Willen iden-
tisch ist, nicht von ihm losreissen, eben so wenig kann dann der
Wille über eine solche Losreissung stutzen. Das „Bewusstsein“
soll ein „Prädicat“ sein, welches „der Wille der Vorstellung er-
theilt“. Allein das Bewusstsein ist kein Prädicat, sondern es ist
das, was Prädicate ertheilt und ohne das von einer Erkenntniss
der Prädicate keine Rede sein kann. Das Bewusstsein ist gegen-
über dem Prädicat Subject. Die Vorstellungen bilden den Inhalt
des Bewusstseins, nicht dieses den Inhalt der Vorstellungen. Der
Wille stutzt über eine „von ihm nicht gewollte und doch empfind-
lich vorhandene Vorstellung“. Woher kommt denn urplötzlich eine
solche Vorstellung? Von der „organisirten Materie“, die bewusste
Vorstellung ist eine „von Aussen gegebene Anschauung“. Einem
Unbewussten kann sich aber nur dann etwas von Aussen aufdrän-
gen, wenn es in sich selbst die Fähigkeit hat, zum Bewusstsein
zu kommen. Nicht der Wille aber ist die Fähigkeit, Vorstellungen
zu erhalten, sondern das Erkenntnissvermögen. Die Vorstellung
kann dem Willen nicht als „selbstständige Macht“ entgegentreten,
weil sie nichts anderes, als das ist, was vorgestellt wird, und
nichts ohne ein Vorstellendes vorgestellt werden kann. Erst der
selbstbewusste Geist, nicht aber die von ihm und der Aussenwelt
abhängige Vorstellung ist eine solche „selbstständige Macht“. Die
Vorstellung kann kein „Eindringling im Unbewussten“ sein, da
das Unbewusste oder das Gebiet der unbewussten Vorstellungen
kein Gebiet ist, in das man eindringen kann, weil es ein Gebiet
von Vorstellungen ist, welche nicht existiren. Die Vorstellung soll
„von Aussen imprägnirt“ sein. Es kann aber für etwas, welches,
wie das Unbewusste, nach dem Herren Verf. das Princip von Allem,
das All-Eins ist, kein Aussen und Innen geben, es kann sich in
ein solches auch keine Vorstellung von Aussen imprägniren. Wenn
das „Stutzen“ weder von dem „Willen“, noch von der „von Aussen
imprägnirten Vorstellung“ herkommen kann, so ist nicht einzu-
sehen, woher es denn eigentlich kommen soll. Es soll vom „ganzen
 
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